Tagebuch

28. 06.

Ich habe mich heute mit dem Frühstück sehr beeilt, da mir das Regenradar zwischen 9.00 und 12.00 Uhr eine Wolkenlücke aufgezeigt hat, die ich dann auch genutzt habe. Ich habe die 47 km nach Blois bei immerhin 200 Höhenmetern in 2,5 Stunden geschafft.

Mein Hotel ist auch hier wieder ein Treffer, sehr hübsch und 3 min vom Schloss zu Fuß entfernt, ich kann es vom Fenster meines Zimmers gut sehen.

Ich habe mich, nachdem das erste Gewitter des Tages vorüber war, auch gleich zur Besichtigung aufgemacht.

Am späteren Nachmittag bin ich dann durch das ansehnliche Städtchen gewandert, habe mal hier einen schönen Vouvray, mal dort einen netten Chinon genossen und den Tag vorbeiziehen lassen.

Abends bin ich dann an einem China-Restaurant vorbeigekommen und spontan dort eingekehrt. Keine schlechte Entscheidung, das Essen war prima und ich habe mich lange mit dem Wirt unterhalten.

Nach Tagen voller Schnecken und Froschschenkel ist doch eine Schwalbennestersuppe zur Abwechslung  mal was Anderes :-)

29. 06.

Auch hier gab es prima Frühstück-das hat sich in Frankreich wirklich geändert in den letzten Jahren.

Ich habe dann einen Versuch gestartet, mit dem Rad ins nur 14 km entfernte Chambord zu gelangen, das wohl imposanteste aller Loire-Schlösser.

 Diesen Versuch habe ich allerdings nach 3 km aufgegeben, als mich nur eine überdachte Bushaltestelle davor bewahrt hat, mitsamt meinem Rad in den Fluss geschwemmt zu werden. Da kommen Wassermassen runter, da macht man sich als Autofahrer kein Bild davon.

Der immer wiederkehrende Wechsel zwischen kurzen Sonnenabschnitten und Wassergüssen hat mich dann von einem weiteren Versuch absehen lassen, den ich eigentlich für den Nachmittag geplant hatte.

Ich habe hier ohnehin um einen weiteren Tag verlängern müssen, da für morgen Dauerregen angesagt ist, dann werde ich entweder den Bus oder die Taxe zum Schloss nehmen.

Den Zeltplatz hier in Frankreich habe ich mir abgeschminkt - schade.

Vielleicht habe ich ja in Deutschland noch einmal Gelegenheit dazu.

Jetzt mache ich mich auf in ein hochgelobtes Restaurant, was mir hier sehr empfohlen wurde.

.....und schon wieder ist Freitag, Schlager der Woche

heute

 

Barbara Gosza

 

Oft bleiben einem aus verflossenen Beziehungen schöne Erinnerungen;

manchmal bleibt schöne Musik  übrig, auf die man sonst vermutlich nie gestoßen wäre.

 

Barbara Gosza ist völlig unbekannt und leider 2011 in irgendeinem Berliner Hinterhof an einer Überdosis jämmerlich verreckt.

 

Ihre Stimme hat mich, seitdem ich sie Mitte der 90er in Leipzig zum ersten Mal gehört habe, in ihren Bann gezogen.

30. 06.
Heute war an Radfahren nicht zu denken. Es waren im ca. viertelstündlichen Wechsel Wolken, Sonne und Starkregen vertreten, die sich den ganzen Tag über kontinuierlich abgewechselt haben.
Also habe ich es sehr ruhig angehen lassen, ohne den Wecker zu stellen ausgeschlafen, dann ausgiebig gefrühstückt, um dann bis 12 Uhr noch etwas zu lesen.
Um ein Uhr fuhr der einzige Bus des Tages nach Schloss Chambord. 
Dieses Schloss gilt als das schönste der ganzen Loire-Schlösser und ich bin nicht abgeneigt, dem Glauben zu schenken.
Da steht ein steingewordener Traum mitten in der Landschaft !
Ich hoffe, die Bilder können das ansatzweise vermitteln.
Es ist ja nun das vierte Schloss in vier Tagen von den ca. dreißig Loire-Schlössern, das ich mir angesehen habe, aber Chambord hat mir doch am mächtigsten imponiert, und das, ohne im mindesten die Schönheit der anderen besuchten Schlösser in Abrede  stellen zu wollen.
Das zentrale Treppenhaus zum Beispiel besteht aus einer ineinander verwobenen Doppeltreppe, auf der man läuft und die Personen auf der anderen Treppe immer wieder sehen kann, ohne ihnen je zu begegnen (wie eine Doppel-Helix). Faszinierend!
Diese Treppe wird als Entwurf Leonardo da Vinci zugeschrieben, der seine letzten Lebensjahre im Amboise verbracht hat und in diesem Schloss auch begraben liegt ( siehe Eintrag v. 27. 06.).
Nachdem ich im naheliegender Restaurant nach dreieinhalb Stunden Besichtigungstour bei einem Glas Rotwein ein heftiges Gewitter überstanden hatte, habe ich mich danach mit dem Bus wieder auf den Rückweg nach Blois gemacht, wo ich sehr gut zu Abend gegessen habe und mir danach auf dem Marktplatz noch zwei Pastis gegönnt habe.
Morgen klingelt um 6.30 Uhr der Wecker, da ich laut Regenradar die 70 km bis Orleans tunlichst bis 14 Uhr geschafft haben sollte.
Gute Nacht, Freunde.
01. 07.
Das Regenradar ist schon echt eine prima Erfindung - es hat mir heute morgen ermöglicht, genau das richtige Zeitfenster für meine 70 km bis Orleans zu finden. 
(150 Höhenmeter)
Ich bin hierher gelangt, ohne einen Tropfen abzubekommen und eine Viertelstunde nach meiner Ankunft hier begann es mal wieder richtig zu regnen.
Die Fahrt heute Vormittag führte zu großen Teilen auf eigenem Radweg direkt am Fluss entlang und da ich schon sehr früh unterwegs war (ab 7.30 Uhr) war auch noch alles menschenleer. Hätte die Sonne geschienen, wäre es ein traumhafter Samstagmorgen gewesen.
Ich mach' mich nachher auf in die Stadt und melde mich dann noch einmal 

Orleans ist ein nettes Städtchen, nicht's, was einen jetzt komplett in's Schwärmen bringt, aber die Altstadt ist nett und ich habe gerade ein Abendessen gehabt, tres bon! Einen Hamburger aus frisch durchgedrehtem Rinderhackfleisch, kurz angebraten und mit Gänsestopfleber, Feigen und geschmelzten roten Zwiebeln serviert - zum niederknien. Dazu einen guten Cotes de Nuit - ich schwebe Richtung Hotel.

Tschüss für heute, morgen melde ich mich aus Chartres.

Ich seh' Euch

02. 07.

Der herrliche Sonnenaufgang war bisher das einzig positiv herausragende Erlebniss des heutigen Tages.

Danach bezog sich der Himmel sehr rasch - das war noch in Übereinstimmung mit der gestrigen Vorhersage, dann aber setzte ein ungemütlicher fortwährender Nieselregen ein - das wiederum entgegen allen Voraussagen. 

Ich hab dann nach dem Frühstück drei Stunden abgewartet und nur beschwörend zum Himmel geschaut, leider ohne das gewünschte Ergebnis. Dann hat es  mir gereicht, ich habe in Chartres mein gebuchtes Hotel storniert, hier für eine Nacht verlängert und wollte, da ich hier genau gegenüber des Hauptbahnhofes beheimatet bin, mit dem Zug die 80 km nach Chartres fahren, um mir endlich einmal die Kathedrale anzuschauen, eine der schönsten in Frankreich.

Ich bin also über die Straße zum Bahnhof zwecks Ticketkauf und musste dabei erfahren, das es nur eine Verbindung ÜBER Paris gibt, 3.5 h hin und 4h zurück.   80 km(!).

OK, dachte ich mir, der Busbahnhof liegt direkt hinter dem Bahnhof, dann also eben der Bus - nächste Pleite, eine Busverbindung zwischen den beiden Städten existiert nicht, es geht nur (na, aufgepasst?) richtig - ÜBER Paris.

Bingo, unentschieden, beide o Punkte.

Da die Kathedrale von Chartres schon öfter auf meiner Liste gestanden hat und mir Eric's Vater diese in Bordeaux auch explizit empfohlen hatte, blieb als letzter Ausweg nur noch ein Leihwagen.

Man glaubt es kaum, aber am Sonntag haben in Orleans alle Mietwagenbüros geschlossen ! 

Also keine Chance, nach Chartres zu gelangen.

Vor lauter Verzweiflung habe ich dann zu Mittag einen riesigen Frust-Eisbecher gegessen, jetzt ist meine Laune wieder im mittleren Drittel. 

Frankreich ist wirklich ein tolles Land, aber in puncto Zuverlässigkeit und Effektivität macht uns Deutschen so schnell keiner etwas vor. Auch diese Erkenntnis gehört immer wieder zu meinen Auslandsaufenthalten: man lernt bestimmte, alltäglich selbstverständliche Dinge zu Hause wieder zu schätzen.

Dann werde ich wohl noch ein wenig über den Stoizismus lesen - schön, wenn Theorie und Praxis so dicht beisammen liegen.

03. 07.

Auch heute morgen war von der versprochenen Sonne nichts zu sehen, der ganze Himmel 

„ fifty shades of grey „. 

Da mir aber langsam die Zeit im Nacken sitzt und ich zudem keinen weiteren Tag in einer relativ belanglosen Stadt, wie Orleans eben eine ist, verbringen möchte, habe ich mich auf das Rad geschwungen. Nachdem der Nieselregen dann nach ca. einer Stunde aufgehört hat und die Straßen langsam abtrockneten, fing auch das Fahren an, wieder Vergnügen zu machen.

Ich habe insgesamt 100 km zurückgelegt bei 500 Höhenmetern und so gegen 14 Uhr riss der Himmel dann endlich auf und die Sonne kam zum Vorschein.

Ich habe dann später am Nachmittag mein Zelt bei herrlichem Sommerwetter aufstellen können.

Der Zeltplatz hier ist sehr kurios: er ist riesig und zu großen Teilen baufällig, da ich aber mein Fahrrad dabeihabe, konnte ich mir eine schöne abgelegene Ecke aussuchen, da ich alle anfallenden Wege (Dusche, Restaurant, Pool) mit dem Rad zurücklegen kann.

Das Abendessen im kleinen einfachen Restaurant war schmackhaft und gut, bei weitem besser als das Bockwurst-Kartoffelsalat-Gulaschsuppe-Einerlei auf einem heimatlichen Campingplatz gleichen Zuschnitts.

Ich habe mir dann noch ein Karaffe Rotwein auf dem Rad „ nach Hause“ balanciert und sie unter den Bäumen im Mondschein geleert, bevor ich mich um Mitternacht ins Zelt gelegt habe.

04. 07.

Ich habe herrlich geschlafen. Nachdem ich dann am Morgen wieder eine Stunde vor dem Zelt liegend den Vögeln zugehört habe, bin ich zum Frühstücken und danach habe ich den ganzen Tag lesend, dösend und nachdenkend vor dem Zelt im Schatten der alten Bäume verbracht bei endlich wieder hochsommerlichem Wetter.

Ein völlig unspektakulärer, aber schöner ruhiger Tag.

Morgen geht es schon auf die letzte „ französische“ Etappe der Tour, bis Paris sind es nur noch knappe 60 km. Der Gedanke daran macht mich schon ein wenig sentimental, der Trost sind meine Lieben.

Im Anflug auf Paris-Blumenschmuck vor der Porte d' Orleans

05. 07.

Na bitte-die nächste Etappe geschafft. 

Ich bin in der schönsten Stadt der Welt.

Die Fahrerei hierher war erwartungsgemäß alles andere als ein Zuckerschlecken. Insgesamt bin ich heute 60 km bei 350 Höhenmetern gefahren, dabei die zweiten 30 km eben durch dichten Grossstadtverkehr. Spaß macht das nicht, zumal das Wetter sich wieder vom nächsten Extrem zeigt, es waren heute 34 Grad und null Wind. Entweder ist es diesen Sommer zu kalt und regnerisch oder es wird sofort extrem heiß.

Das Hotel ist sehr nett, die Gegend sehr lebendig und ich freue mich gleich auf meine erste Exkursion, um alles in Augenschein zu nehmen.

Damit ist der Auslandsteil meiner Tour beendet, 3500 km habe ich bis hierher absolviert, mal schauen, was in Deutschland noch so dazu kommt. Am Sonntag geht es in der Nacht mit dem Bus nach München.

Da morgen meine beiden Schätze hier eintreffen und ich vermutlich dann für meine Spielereien wie " Schlager der Woche " kaum Zeit haben werde, ausnahmsweise heute schon

 

                                     Bob Seger

auch seit Jahrzehnten einer meiner Lieblinge.

 

Beide Titel, sowohl

 

               „Like A Rock“  als auch  „ Against the Wind“  

 

könnten einmal gut auf meiner Beerdigung gespielt werden, 

da hätte ich bestimmt nichts dagegen-passen würde es.

(Ist auch hoffentlich noch ein bisschen hin).

 

 

....I wish, I didn't know now, what I didn't know then......

.......I'm older know - but still runnin' against the wind.......

06. & 07. & 08. 07.

Das war eine tolle Familienzusammenführung nach über zwei Monaten ! Als die Maschine mit meinen beiden Schätzen mit 40 minütiger Verspätung endlich gelandet war, gab es am Gate ein Wiedersehen, von dem ich noch lange zehren werde. Es ist so schön, meinen beiden Mädels endlich wieder nahe sein zu können.

Da die Hinfahrt zum Flughafen in einem nicht klimatisierten Zug bei 36 Grad im Ölsardinenbüchsenmodus eine Zumutung war, habe ich über Mydriver für die Rückfahrt einen Wagen gebucht und war vom Service sehr positiv beeindruckt-zügig, schnell, freundlich.

Wir haben uns dann drei Tage durch Paris treiben lassen, haben mit Hop on-Hop off Bussen und Seine-Booten ein wahrhaftig bemerkenswertes Pensum abgespult und haben uns alle Hauptsehenswürdigkeiten dieser phantastischen Stadt angeschaut.

Das wir hervorragend essen waren, versteht sich wohl von selbst.

" Paris, ein Fest für's  Leben"     (Ernest Hemingway)

Wenn ich jemals außerhalb von Berlin leben müsste, dann würde ich in jedem Fall Paris als mein Domizil erwählen - ich war jetzt innerhalb von vierzig Jahren ein Dutzend Mal in dieser Stadt und sie hat immer mehr an Faszination für mich dazugewonnen.

Es waren unbeschreiblich schöne Tage.

09. 07.

Nach einem netten aber teuren Frühstück bei uns im Quartier sind wir Drei dann das letzte Mal losgezogen, diesmal auf Hemingway's Spuren. Sein Geburtshaus, das Montmatre-Viertel, der Jardin du Luxembourg und das berühmte " La Copoule" waren unsere Stationen, wobei wir im Copoule fürstlich gegessen haben.

Danach war es leider, leider schon wieder Zeit für den Abschied - das drei Tage so schnell vergehen können! 

Ich bin ja gewiss' nicht sentimental, aber als meine Beiden dann im Fahrstuhl der Metro-Station verschwanden, da kam es mich schon hart an.

Es waren wundervolle Tage mit meiner kleinen Familie.

Ich habe dann noch zwei Stunden lesend in der Hotellobby verbracht, um dann die 15 km zum Busbahnhof zu fahren.

Zwei Kilometer vor dem Ziel hat mich ein so heftiges Gewitter mit brachialen Regenfällen 45 min in einem Torbogen festgehalten und als es zeitlich dann eng wurde mit der Abfahrt des Busses musste ich mich notgedrungen für die letzten Kilometer in die Fluten stürzen und dieser Begriff ist keine Übertreibung - die Straßen waren nach einer Stunde heftigem Regens überschwemmt und es war schwer, durch " Pfützen" zu fahren, in denen die Räder soweit versunken sind, das ich mit den Pedalen streckenweise unten im Wasser fuhr.

Kurz vor dem Ziel hat es mich folgerichtig auch gerissen, ein Bordstein war komplett unter Wasser und somit nicht für mich zu sehen und da lag ich auch schon mit dem Fahrrad in Dreck und Wasser. Ich habe nur ein paar Hautabschürfungen und eine Schulterprellung, aber das Rad : vordere Bremse abgerissen, Schaltung völlig verbogen, Lampe vorne ebenfalls abgerissen, Schutzblech aus der Verankerung gebrochen und verbogen.

Was habe ich geflucht!

Wenigstens drehten sich die Räder noch und im eingelegten Gang konnte ich langsam weiterfahren. Ich bin dann kurz vor der Abfahrtszeit im riesigen Pariser Busbahnhof eingetroffen, der ein einziges Chaos war: an beiden Seiten lief das Wasser rein, die Busse standen teilweise bis zur Radnabe im Wasser, hunderte nasse und schwitzende Menschen schoben sich durcheinander, da es keine Anzeige gab, welcher der ca. 40 abfahrbereiten Busse wohin fuhr, die Fahrer mit aufgekrempelten Hosenbeinen barfuß in riesigen Wasserlachen, um das Gepäck zu verladen und ich mit meinem Rad, Schmerzen und völlig aufgeweicht mittendrin. Ich habe dann 5 min vor Abfahrtzeit noch den richtigen Bus gefunden, saß dann aber, da alles schnell gehen musste, mit meinen nassen Klamotten im schön Aircon-gekühlten Bus und fror wie ein Schneider, dieweil meine ( evt. trockeneren) Wechselsachen und das Handtuch unten im Gepäckabteil unerreichbar waren. Die fast zwölfstündige Fahrt war der Horror, zumal neben mir ein dicker Schwarzer saß, der nahezu die ganze Nacht laut geschnarcht hat.

Glücklicherweise geht alles ' mal zuende und so bin ich jetzt in München.

Nachdem ich mein ganzes Hotelzimmer mit meinen nassen Klamotten inklusive Zelt und Schlafsack drapiert habe zum trocknen habe ich glücklicherweise schnell eine kleine Fahrradwerkstatt gefunden, die sich nach einiger Überredungskunst bereit erklärt hat, alle notwendigen Reparaturen bis morgen früh auszuführen.

Dann habe ich mich bei Sonnenschein erstmal in einen Biergarten gesetzt, um etwas zu essen und da es halt ein Biergarten war......

Jetzt warte ich hier im Hotel auf Bernd, der jetzt gleich mit seinem Rad eintrifft und dann geht's wohl ins Hofbräuhaus, davon morgen mehr. Ciao

 

So aufgeräumt kann ein Busbahnhof aussehen-Ankunft in München

Da ist er, der alte Companero seit 1986

11. 07.

Bei Bernds Ankunft im Hotel haben wir uns beide sichtlich gefreut, uns nach über drei Monaten persönlich gegenüberzustehen und nicht nur per WhatsApp  Kontakt zu haben. Wir haben uns dann zügig in einen Münchner Traditionsbiergarten begeben, den

" Metzgerwirt" am Schloss Nymphenburg, den ich von meinem letzten Münchenaufenthalt wegen seines genialen Kaiserschmarrens noch in Erinnerung hatte. Bei und nach einer zünftigen bayerischen Brotzeit haben wir uns dann bei diversen Bieren über die jeweiligen Erlebnisse des vergangenen Vierteljahres ausgetauscht. 

Ein prima Abend, der mit einem letzten Drink am der Hotelbar geendet hat.

Am Morgen bin ich dann nach einem reichhaltigen Frühstück mit der Taxe zur Fahrradbude gefahren, um mein von sämtlichen Unfallschäden repariertes Bike abzuholen, so das wir dann endlich um 11 Uhr aufbrechen konnten in Richtung Regensburg. 

Die Tour führte uns bei gutem Radlwetter auf schönen Wegen immer an der Isar entlang - reines Genussradeln.

Kurz vor Freising ereilte mich ' mal wieder ein Speichenbruch, so das wir statt zum Mittagessen einen Biergarten anzusteuern  zuerst eine weitere Werkstatt aufsuchen mussten. Der Inhaber stellte nach kurzem Blick fachmännisch fest, das nicht nur die Speichen sondern auch die hintere Felge gebrochen war - eine weitere Unfallfolge, die der Depp in München komplett übersehen hat.

Was für ein Glück, das die Felge nicht auf unseren ersten 40 km des Tages komplett gebrochen ist.

Nach zwei vergeblichen Versuchen hatten wir im dritten Fahrradladen des Städtchens Glück, das das entsprechende Hinterrad vorrätig war und das mir ein netter Opi alles auch sofort eingebaut hat und wir Freising nach 90 Minuten mit einem neuem Hinterrad wieder verlassen konnten.

Wir haben trotzdem 70 km mit 500 Höhenmetern geschafft und sind am Abend in zwei Biergärten gewesen und haben uns bei diversen Gerstenkaltschalen  über Gott im Allgemeinen und die Welt im besonderen unterhalten 

- ein schöner Abend mit einem Gespräch unter alten Freunden.

12. 07.

Wir sind nach einem mittelprächtigen Frühstück aus dem mittelprächtigen Hotel bei mittelprächtigem Wetter losgefahren und haben danach einen tollen Tag gehabt. 

Wir sind auf wunderschönen Radwegen in den Flusstälern der Isar, der Amper und der Donau fast immer am Wasser entlanggefahren, haben am Mittag im Kloster Weltenburg, der ältesten Klosterbrauerei der Welt, zu Mittag gegessen, danach am Ufer der Donau ein kleines Schläfchen gehalten und sind danach mit dem Boot durch den Donaudurchbruch bei Kehlheim gefahren- ein imposantes Naturerlebnis. Leider hat es genau während der Schifffahrt etwas zu regnen begonnen. In Kehlheim am Anleger war alles trocken und so sind wir weiter an der Donau entlang bis Regensburg gekommen, nicht ohne am späten Nachmittag noch ein erfrischendes Bad im Fluss zu nehmen.

Wir haben 95 km bei 650 Höhenmetern absolviert. 

Wir waren dann richtig gut essen in einem Lokal in der Altstadt, das ich seit mittlerweile 35 Jahren kenne und das die gesamte  Zeit auf hohem Niveau kocht, ich habe dort noch nie schlecht gegessen.

Mit zwei Gin Tonic's in einer Bar endete ein prima Tag.

13. 07.

Nach dem Frühstück haben wir uns den sehenswerten Regensburger Dom angeschaut, nachdem wir gestern leider das dortige Orgelkonzert um wenige Minuten verpasst habe.

Dann haben wir uns aufgemacht, um wieder in den Flusstälern der Donau, der Naab und der Schwarzen Laaber unserem Ziel Nürnberg entgegenzufahren. Allerdings waren zwischen den Flusstälern ein paar richtig knackige Anstiege zu bewältigen, so das wir heute auf  gut 1400 Höhenmeter bei 70 km Strecke gekommen sind. Die letzten Kilometer waren für uns beide eine ziemliche Anstrengung, da uns die gestrige Etappe noch in den Beinen gesteckt hat.

Wir haben an einem urigen und ziemlich edlen Brauereigasthof zum Essen haltgemacht und uns dann spontan entschlossen, hier auch zu übernachten. Das Zimmer ist prima, die Sauna nach der Tour sehr entspannend und jetzt sehen wir beide mit Freunde dem bayerischen Abendessen entgegen.

niedlich iss' er ja schon - wenn er schläft

....und wieder ist Freitag, der vorletzte der Tour, und damit natürlich wieder Zeit für "Schlager der Woche"

heute:               

                             Mumford & Sons

 

Bisher habe ich ausschließlich Interpreten vorgestellt, die ich seit Jahrzehnten kenne und verehre.

Warum?

Eines haben alle gemeinsam: bei allen hatte ich nie das Gefühl, das sie Teil einer gehypten Unterhaltungsindustrie sind, in der generalsstabsmässig jeder Song, jedes Video, jeder Auftritt und jedes Interview geplant wird mit dem Endziel, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Profit mit dem derzeit vorherrschenden Massengeschmack zu erzielen.

Alle Interpreten, die ich vorgestellt habe, machen Musik, weil sie es können und weil sie etwas zu erzählen haben.

Die Musik und die Texte sind bei allen das Entscheidende, und nicht, ob das dreischichtige Metallic-Make-up perfekt im Scheinwerferlicht zur Geltung kommt.

Da gibt es keine Lasershows, keine Feuerwerk, kein fünfmaliges Umziehen während eines Auftritts, keine in Endlosschleife wiederholten einstudierten Tanzschritte in immer den gleichen Glitzerkostümchen.

Musik um ihrer selbst Willen als Sprache des Gefühls und nicht der Geldbörse.

Musik als Ausdruck von Fertigkeit, Fähigkeit und Können und kein drittklassiges Gedudel aus Computerprogrammen.

Zum Glück gibt es immer wieder Nachwuchs, der das anscheinend ähnlich empfindet.

Das Konzert im letzten Jahr in der Waldbühne werde ich nie vergessen, eines der besten, die ich gehört habe.

14. 07.

Am Morgen gab es ein gutes Frühstück und danach war es Zeit, die Fahrräder zu bepacken und loszufahren, da Bernd's Zug von Neumarkt nach Nürnberg um 12 Uhr fuhr und wir vorher unbedingt noch einen Abschlusseisbecher zu uns nehmen wollte.

Als der alte Compagnero im Zug saß, habe ich mein Rad wieder alleine in den Wind gedreht und bin nach Nürnberg gefahren auf schönen kleinen Straßen durch die Felder und Hügel der Oberpfalz.

Am Ende des Tages konnte ich auf 75 km bei 600 Höhenmetern zurückblicken. 

Geschlafen habe ich diese Nacht bei Marcos Eltern, leider musste Uli für einen erkrankten Kollegen einspringen, so das wir kaum Zeit zum klönen hatten.

Mit Eva habe ich bei einer Flasche Rotwein bis kurz vor Mitternacht zusammengesessen, nachdem ich vorher einen ausgedehnten Bummel durch die schöne Altstadt unternommen hatte.

15. 07.

Nach einem hervorragenden Frühstück, das Eva am frühen Morgen gezaubert hat, brachte mich Uli im Auto zu dem Mietwagen-Center, an dem ich meinen Opel Corsa in Empfang nahm.

Es war ein witziges Gefühl, nach fast drei Monaten wieder am Steuer eines Autos zu sitzen, ich glaube, eine so lange Pause hatte ich noch nie, seit ich 1978 meinen Führerschein gemacht habe.

Ich bin anschließend zur Walhalla nach Regensburg (zurück)gefahren, um Erasmus zu treffen. Auch ihn kenne ich noch aus gemeinsamen Studententagen, er war mein Vize in der Leitung des Studentendachverbandes und wir beide waren für den Verband in der Zeit von 1996 bis Ende 2000 verantwortlich, haben uns die Arbeit gut geteilt, haben uns schätzen gelernt und sind seitdem freundschaftlich verbunden, obwohl wir uns leider viel zu selten treffen, aber Beruf und Familie fordern eben ihren Tribut.

Wir haben heute mit seinen beiden netten Söhnen jedenfalls einen prima Tag verbracht, erst bei der Besichtigung der Walhalla, danach im Eiskaffee und anschließend bei ihm zu Hause und in der neuen Praxis, die sich gerade im Rohbauzustand befindet.

Mit dem Versprechen, nicht wieder so viel Zeit bis zum nächsten Treffen ins Land gehen zu lassen, haben wir uns dann am frühen Abend voneinander verabschiedet.

Ich bin jetzt wieder in Nürnberg, werde gleich ins Steakhaus marschieren und mich danach einem passablen Drink widmen.

Morgen früh bin ich bei Eva und Uli zum Frühstück eingeladen und danach werde ich nach Bamberg weiterfahren, dann wieder mit dem guten alten Drahtesel.

16. 07.

Nach einem abermals wunderbarem Frühstück habe ich mich von Uli und Eva verabschiedet und bin heute 70 km mit 300 Höhenmetern nach Bamberg gefahren, den größten Teil der Strecke immer am Rhein-Main-Donaukanal entlang.

Abends war ich in der sehenswerten Altstadt, eine der Schönsten, die ich in Deutschland kenne. Jetzt habe ich mit Regensburg, Bamberg und mit Abstrichen auch Nürnberg mehrere Juwelen mittelalterlicher Städtebaukunst in Deutschland hintereinander gesehen, das macht schon Freude.

Nach leckerem Essen direkt auf einer der zahlreichen Brücken und einem sehr guten Eisbecher habe ich noch etwas Country am Straßenrand aufgeschnappt, die beiden Mädels waren so gut, das ich mir gleich deren CD mitgenommen habe.

Ich habe heute nach intensivem Landkartenstudium beschlossen, meine Tour mit dem Saaleradweg ausklingen zu lassen.

Wenn ich mit dem zu Ende bin, werde ich über Magdeburg, Brandenburg und Potsdam nach Berlin zurückkehren, aber noch habe ich eineinhalb Wochen.

17. 07.

Ich habe ein sehr gutes Frühstück bekommen, die Sonne lachte vom Himmel und die Bamberger Shilouette zeigte sich bei meiner Abreise auf der Fahrt am gegenüberliegenden Flussufer entlang noch einmal in aller Pracht vor dem blau-weißen bayerischen Himmel.

Leider hielt das Wetter nicht lange durch, eine Stunde später hatte ich mit der vermaledeiten Trias des Radfahrers zu kämpfen: immer leichte Steigung bei stetigem Gegenwind und Nieselregen.

Nach einer längeren Pause in einem überdachten Unterstand am Wegesrand hörte dann der Regen auf und ich konnte meine Tour fortsetzen, die danach wieder Spaß machte, da ich immer auf Radwegen in den Mais-oder Getreidefeldern fuhr.

Ich bin nach 60 km bei 350 Höhenmetern in einem Brauereigasthof in der Nähe von Coburg gelandet und das Bier am Mittag (Hochzeitsbier, liebe Michi-heißt wirklich so) und die Speisekarte versprechen ein sehr angenehmes Abendessen.

18. 07.

Nachdem Vati gestern Abend in einer konzertierten Aktion fast sämtliche Sorten im Brauhaus durchprobiert hat, wobei ein Bier leckerer geschmeckt hat als das andere und die bayerische Mindestbefüllmenge pro Glas bei 0,5 Litern liegt, hat der Aufbruch heute morgen etwas später als normal stattgefunden. 

Ein gutes Frühstück half mir in den Tag.

Heute stand die letzte Bergetappe an, es ging quer über den Thüringer Rennsteig ins Saaletal. Heute habe ich bei der Abfahrt einen neuen Rekord aufgestellt, das schnellste gemessene Tempo der Tour mit 69,4 km/h! 

Insgesamt bin ich heute 70 km bei 1400 Höhenmetern gefahren.

Man merkt doch, das die Berge Nordspaniens schon eine Weile zurückliegen, die Oberschenkel waren ziemlich weich oben auf der Höhe, da waren schon ein paar nette lange Anstiege dabei, der Steilste mit 14% Steigung.

Jetzt bin ich in Saalburg angekommen, auf den ersten Blick ein nettes Städtchen, das ich mir gleich anschauen werde.

Die Rückfahrt nach Berlin sollte, falls das Wetter mitspielt, wieder reines Genussradeln werden: Saaletal, Elbetal, Haveltal - da sind keine großen Steigungen mehr zu erwarten.

Bis morgen, meine Lieben.

19. 07.

Heute habe ich bei herrlichem Sommerwetter noch mal richtig einen rausgetan: 110 km bei dann doch wieder 1000 Höhenmetern.

So eben wie von mir erwartet ist das Saaletal nicht, da ist doch ewiges hoch und runter mit ein paar kurzen aber zum Teil kräftigen Anstiegen.

Mein T-Shirt ( das gelbe Trikot) hat mir den ganzen Tag völlig durchnässt am Brustkorb geklebt und wurde nicht trocken. Ich habe zusammengerechnet um die vier Liter Flüssigkeit während des Tages getrunken und vermutlich auch wieder ausgeschwitzt, aber ich wollte bei dem schönen Wetter Kilometer machen, da die Wetterprognose für die nächsten acht Tage nicht eben günstig ausfällt. Da sind viele Wolken-und Regensymbole mit dabei.

Ich bin nach einem erfrischenden Bad in der Saale am Abend jetzt jedenfalls in Naumburg gelandet und werde frei nach Obelix mal schauen, wer mir jetzt schnell ein halbes Schwein in Pfefferminzsosse kredenzen kann.

Bis morgen, liebe Freunde

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© Sigurd Pohl