Liebe Leserin, lieber Leser,
auf dieser Seite und NUR auf dieser Seite ist mir leider ein Anfängerfehler passiert.
Ich habe diese Seite fälschlicherweise so konzipiert, das der Anfang, der erste Tag der Tour, auf dieser Seite ganz unten beginnt und man dann HOCHscrollen muss.
Alle weiteren Seiten sind dann ganz normal von oben nach unten zu lesen.
Sorry, aber jetzt viel Vergnügen beim Stöbern.
Liebe Freunde, heute ist Freitag und daher
Licht aus ................. Spot an ............Schlager der Woche
Bob Dylan: Wie nähert man sich einer Legende?
Vielleicht, indem ich auch von hier ganz herzlich zum Literatur-Nobelpreis
gratuliere.
Vielleicht aber auch, indem man sich die Kritik daran anschaut, stellvertretend hier ein Zitat von dem "....international bekannten zeitgenössischen rumänischen Schriftsteller Cartarescu, der selbst im Favoritenkreis für den Nobelpreis war." (web.de)
" .....es tut mir so leid um die wahren Schriftsteller, Adonis, Ngugi, DeLillo und weitere 2-3, die den Preis beinahe in der Tasche hatten." Zitat ebenfalls web.de
Ein wenig beschäftige ich mich mit aktueller Literatur, aber ich habe weder den Namen des Herren Cartarescu noch den seiner Mitstreiter jemals gehört. OK, das muss jetzt nichts heißen, aber ich hege die Vermutung, das es allen außer einem kleinen Häuflein Insider genauso geht.
Der Name Bob Dylan hingegen dürfte auf dem ganzen Erdball fast allen Menschen geläufig sein und er hat unter Garantie mit seinen mittlerweile fast tausend selbstgedichteten und -komponierten Liedern in den vergangenen fünfzig Jahren Millionen Herzen erreicht und bewegt,
meines jedenfalls, seit ich denken kann.
Noch Fragen, mein rumänischer Freund ?
31. 05.
Ich bin heute doch ein Stück weitergefahren, da der Wetterbericht für die nächsten Tagen wieder "Schauertätigkeit" meldet und ich das heutige gute Wetter ausnutzen wollte. Trotz meiner nicht auskurierten Erkältung habe ich 50 km bei immerhin 1500 Höhenmetern gemacht. Die Strecke war wunderschön, wenn man von den ewigen Steigungen mal absieht - Wälder und Berge im Wechsel mit netten Dörfern.
Bilder kann ich heute keine einstellen, das das Netz hier zu schwach ist, die liefere ich morgen nach.
In Anbetracht des aufziehenden schlechten Wetters und meiner Erkältung habe ich mich morgen in ein Golf- und Wellnesshotel eingemietet und werde es mir in der Sauna und dem Thermalbad mal zwei Tage richtig gutgehen lassen.
Hoffentlich wird bald das Wetter besser, diese ewigen Wolken und der Regen gehen mir langsam auf den Zünder.
Da hätte ich zur körperlichen Ertüchtigung ja gleich die Route Husum - St. Peter-Ording 150 mal hin- und herfahren können.
Abendstimmung auf dem Balkon
von dem Berg ganz hinten-im Nebel, bin ich heruntergekommen
30. 05.
Heute habe ich 70 km bei 1400 Höhenmetern absolviert, wobei mir die letzten Kilometer endlos lange vorkamen. Ich habe die Befürchtung, das die mehrfachen Durchfeuchtungen durch die Regenschauer und die Lufttrocknung der nassen Klamotten im Fahrtwind bei 20 Grad doch gesundheitliche Spuren hinterlassen haben. Wenn ich mich morgen nicht entscheidend bessser fühle, bleibe ich einen Tag im Bett, zumal ich hier ein prima Hotelzimmer mit Balkon und Panoramablick habe. Ich bin jetzt in Asturien gelandet, die Landschaft ist völlig anders als in Galicien, lieblich-hügelig mit viel Blumen und Palmen am Straßenrand, sehr hübsch anzuschauen. Heute Abend kam sogar die Sonne mal wieder für längere Zeit zum Vorschein.
29. 05.
Die ausgesprochen netten Hotelangestellten haben mir gleich einen Werkstatttermin besorgt, so das ich mit neu ausgerichtetem Hinterrad dann um 12.30 Uhr endlich losfahren konnte. Da es ein Spezialladen für Rennräder war, habe ich jetzt zwischen meinen normalen silbernen Speichen vier mattschwarze Rennradspeichen am Hinterrad- mein braves Tourenrad ist jetzt sozusagen getuned, da stellt sich gleich so ein gewisses Manta-Gefühl ein - jetzt muss ich nur noch herausbekommen, wo ich hier in den galizischen Bergen einen Fuchsschwanz herbekomme.
Ich habe dann trotz der verspäteten Abfahrtzeit noch 75 km bei 1300 Höhenmetern hinbekommen (Matzi, ich kann immer noch zum Tier werden, wenn es sein muss oder ich Freude daran habe), und ich hätte auch die letzten geplanten 15 km noch geschafft wenn mich nicht wieder ein Regenschauer ins Hotel getrieben hätte. Ich habe sogar einen kleinen Pass bezwungen. Auf der Abfahrt habe ich dann kurz angehalten, weil ich von einem Regenschauer mal wieder durchnässt war und durch den Fahrtwind bei der Bergabfahrt habe ich richtig zu schlottern begonnen. Zum Glück kam kurz danach die Sonne wieder zum Vorschein, die mich durchgewärmt und meine Klamotten getrocknet hat.
Hier im Hotel habe ich mit einem netten Spanier am Tresen gesessen, der 25 Jahre in Deutschland bei Merck in Darmstadt und Henninger Bräu in Frankfurt gearbeitet hat und seit dieser Zeit laut eigenem Bekenntniss ein grosser Deutschland-Fan ist.
Es war ein sehr nettes Gespräch über fast zwei Stunden.
Jetzt sitze ich auf der Hotelterasse und die Sonne wärmt mich wunderbar.
Jetzt heisst es nur noch, auf das Abendessen warten, das in Spanien traditionell erst sehr spät beginnt-die Küche öffnet um 21 Uhr. Ich muss Euch noch einen kurzen Nachtrag liefern aus der Rubrik: Geschichten, die das Leben schreibt.
Ich komme gerade vom Abendessen; bei booking.com war das kleine dem Hotel zugehörige Restaurant als "galizisches Spezialitätenrestaurant" angekündigt, daher habe ich auf die Speisekarte verzichtet und das Tagesmenü bestellt, worauf ich als ersten Gang wirklich gut gemachte Spaghetti Carbonara bekam, gefolgt von einem leckeren Osso Buco -
beides hinlänglich bekannte Kreationen der galizischen Küche!
28. 05.
Heute hätte ich das HB-Männchen machen können!
Da dieses Bild nur den reiferen Damen und Herren der verehrten Leserschaft etwas sagt, hier die Version für die Jüngeren unter uns: es war ein kompletter Scheiß-Tag !
Kurz nach der Abfahrt sind mir diesmal auf einer Bodenwelle gleich vier (!) Speichen am Hinterrad auf einen Schlag gebrochen, dass Rad hat so geeiert, das es massiv an den Bremsbacken geschliffen hat und somit an eine weitere Fahrt nicht mehr zu denken war.
Aber wozu ist man seit 20 Jahren ADAC Super Gold Premium Plus-Mitglied, also die Damen und Herren angerufen und das Problem geschildert, das man in Nordspanien mitten in den Bergen mit einen kaputten und fahruntauglichen Rad festhängt.
Tja, wieder was dazugelernt: beim ADAC ist so ziemlich alles versichert, Autos, Motorräder, Motorroller, LKW`s, Mofas, Krankenfahrstühle, Panzer, Drehtüren, Verliesklappen - nur keine FAHRRÄDER. Also keine Hilfe von dieser Seite.
Dann habe ich im Hotel angerufen, aus dem ich kurz zuvor losgefahren bin und denen meine missliche Lage geschildert, in der Hoffnung, das sie als Ortskundige mir einen Transport über neun Kilometer organisieren können. Aber auch hier-weit gefehlt.
Nach über zwei Stunden und mehreren Telefonaten, in denen ich immer wieder vertröstet worden bin mit immer abenteuerlicheren Geschichten musste ich einsehen, das ich auch von dieser Seite keine Unterstüzung zu erwarten hatte.
Also selbst helfen: ich habe dann die komplette hintere Bremse demontiert, damit sich das Rad überhaupt wieder drehen konnte, hatte aber jetzt in extrem bergiger Gegend nur noch eine Bremse. Dann
stand ich vor der Alternative, ob ich neun Kilometer zurückfahren sollte (ein komplett verlorener Tag und Rückkehr ins Hotel der Geschichtenerzähler) oder ob ich mit eierndem Hinterrad und vier
gebrochenen Speichen sowie nur einer Bremse mein ursprüngliches aber fast 60 km entferntes Ziel ansteuern soll.
Ich habe mich dann für das Risiko entschieden und bin bergab immer mit angezogener Bremse maximal 30 km/h gefahren und habe dabei gehofft, das jetzt bitte der Bowdenzug der verbleibenden Bremse nicht
reißen möge. Das ging auch soweit gut und alles hätte gepasst, wenn das Wetter mitgespielt hätte, aber wie so häufig, wenn man eine Pechsträhne erwischt, dann richtig. Ich bin zweimal komplett
durchnässt worden (bis auf die Unterhosen) und einmal hat mich wieder eine gerade zum richtigen Zeitpunkt auftauchende Tankstelle vor der dritten Komplettdusche bewahrt. Jedesmal habe ich mich durch
den Fahrtwind trocknen lassen, die Sonne kam leider nicht zum Vorschein.
Glücklicherweise hat der Tag dann mit einem netten Hotel und einem hervorragendem Essen auf dem Marktplatz einer hübschen Stadt - Lugo - seinen versöhnlichen Abschluss gefunden.
Jeder, der mich nur ein bißchen kennt, weiss, das ich nach einem guten Mahl immer zur Versöhnung aufgelegt bin.
65 km 1100 Höhenmeter
27. 05.
Die Berge haben mich wieder - 55 km, aber 1200 Höhenmeter.
Insgesamt eine anstrengende aber auch sehr schöne Fahrerei durch schöne Gebirgslandschaft. Nachdem ich gestern Abend noch bei einem sehr netten Italiener eine prima Pizza bekommen habe, bin ich um elf Uhr zufrieden ins Bettchen, daher war ich heute schon früh unterwegs.
Ich bin jetzt in einem kleinen Kaff in den Bergen in einer sehr netten Unterkunft, wieder ein altes umgebautes Farmhaus-alles Naturstein, mit Pool und herrlichem Garten.
Hier muss man echt aufpassen, keinen von den Pilgerfreunden umzubügeln, da der Pilgerweg nach Santiago genau parallel zum Radweg verläuft und das sieht hier über weite Strecken aus, als hätte jemand eine Büchse Jesusjünger aufgemacht, die sind hier so zahlreich wie normalerweise nur Ameisen nach einem Honigfrühstück.
Morgen ist wieder sehr schlechtes Wetter prognostiziert, ich hoffe, ich verliere nicht noch einen weiteren Tag-mein Plan sieht vor, Eric und Simin am 14.6. in Bordeaux zu treffen und bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Jetzt sitze ich gerade mit einer Gruppe in der Pension, die sich so zusammensetzt: 2 Amis, 1 Neuseeländer, 2 Phillipinos, 2 aus Hongkong und eene Berliner Keule.
26. 05.
Heute habe ich einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt: 4,3 km bei 53 Höhenmetern !
Ich musste leider das Hotel wechseln, da an eine Weiterfahrt wegen heftiger Regenfälle am ganzen Vormittag nicht zu denken war.
Da habe ich die Gelegenheit genutzt und mir die berühmte Kathedrale von Santiago anzuschauen.
So sehr beeindruckend fand ich sie nicht, da hat mir die düstere Stimmung in der Kathedrale von Zarragossa beispielsweise mehr zugesagt. Am Nachmittag kam dann wieder die Sonne durch, so das ich noch einen kleinen Abendspaziergang machen konnte.
Morgen soll es bedeckt sein, aber keinen Niederschlag geben, ich hoffe, das bewahrheitet sich.
Liebe Freunde, heute ist wieder ein Freitag, somit kommen wir wieder zu unserer geliebten Rubrik
" Schlager der Woche"
Heute habe ich
Tom Waits
für Euch herausgesucht.
Anfang der 80er Jahre hatte ich eine wirkliche Stammkneipe, das APO
(Außerparlamentarische Opposition), dieser Laden im Knobelsdorffkiez in Charlottenburg war für mich zwischen 1982 und 1985 so ungefähr mein 2. Wohnzimmer, sofern ich nicht unterwegs war, habe ich meine Nächte zum großen Teil dort verbracht; unglaubliche Nächte, allein die Namen der Stammgäste sprechen Bände - Pillhuhn, Fischblase, Obelix, Fuckface, AF, Taxi-Driver, Mr. Bates, Herr Rittmeister, Sprengel, Schwuletten-Ali, Rolex-Frankie, Hühnerhugo; ich denke, die sprechen für sich.
Auf jeden Fall, wenn diese ganze lärmende Bande dann so nach dem zehnten Whisky sentimental wurde, dann war es oft Zeit für Tom Waits.
Heute immer noch die beste Bar-Musik, die ich kenne.
25. 05.
Heute hat es sich schon als sehr weise Entscheidung erwiesen, das ich mir eine neue Übersetzung habe einbauen lassen, bei den 1200 Höhenmetern auf 65 km Strecke waren ein paar hübsche Anstiege dabei - holla die Waldfee !
Gestartet bin ich bei herrlichem Sommerwetter, was dann leider so gegen Mittag umschlug und mich 8 (!) Kilometer vor dem Ziel in Santiago de Compostela zu einem mehrstündigen Aufenthalt unter dem Baldachin eines kleinen Cafés genötigt hat.
Am Abendvear dann wieder alles gut, so das ich einen ausgedehnten Bummel durch die wirklich sehenswerte Altstadt unternehmen konnte, gekrönt von prima Essen und gutem Wein auf einem lauschigen Platz.
Warum an einem so berühmten Wallfahrtsort ausgerechnet zu Christi Himmelfahrt die Kirche geschlossen war, das muss mir
' mal jemand erklären, der sich da besser auskennt.
Dafür habe ich auf dem Vorplatz der Kathedrale ein prima Konzert des örtlichen Philharmonieorchesters miterlebt.
24. 05.
So, nun bin ich wieder in Spanien. Heute hat mir zum ersten Mal die Sonne so richtig zugesetzt, es ging wieder in die Berge, die Flachlandetappen mit den kleinen Hügelchen am Atlantik sind vorbei. Wenn einem bei den relativ langen Aufstiegen die Sonne bei 33 Grad und absoluter Windstille ins Kreuz brennt, dann ist man froh über jedes bisschen Schatten oder eine Bar am Straßenrand mit Sonnenschirm.
Leider wird sich auch das bald wieder ändern, ab übermorgen sind Gewitter und Regenfälle angesagt. Da werde ich mich wohl mit Sehnsucht an den heutigen Tag zurückerinnern!
Ich bin jetzt in Pontevedra angelangt, einer Kleinstadt, von der ich noch nie vorher gehört habe, die aber eine richtig nette Altstadt hat. Das liebe ich so an Europa-überall stößt man auf interessante Architektur und Geschichte.
Ich habe den Altstadtbummel wirklich genossen.
Morgen werde ich übrigens zufällig exakt an Christi Himmelfahrt in Santiago de Compostela eintreffen - da wird ja wohl die Hölle (!) los sein!
Mal sehen, wie ich die Weihrauchschwaden überlebe - morgen mehr dazu. Schlaft gut.
60 km. 850 Höhenmeter
23. 05.
Gestern habe ich hier in dem kleinen Restaurant der Unterkunft sehr nett mit einem Schweitzer Pilger zusammen Abendbrot gegessen und mich sehr nett mit ihm unterhalten.
Der Jakobsweg läuft direkt am Hotel vorbei uns da ich heute nichts weiter gemacht habe, als auf der sehr gemütlichen Terasse vor meinem Zimmer zu sitzen und zu lesen und zu sinnieren , habe ich den ganzen Tag lang bepackte und schwitzende Leute den Weg langlaufen sehen. Das sind Unmengen - Hunderte, das ist eine ganze Industrie. Diese Herberge hier in der Einsamkeit gelegen, lebt von dieser Nähe unmittelbar am Weg, jetzt am Nachmittag trudelt einer nach dem anderen hier ein.
Ich bin heute mit meinem Philosophieunterricht ein gutes Stück vorangekommen und habe so für das gleich folgende Abendessen genügend Stoff zum Nachdenken.
Morgen mache ich mich wieder auf den Weg, dann geht es wieder nach Spanien, die Grenze ist von hier nur einen Steinwurf entfernt.
Portugal und seine netten und hilfsbereiten Menschen werde ich in guter Erinnerung behalten und ich werde auf einem ausgedehnten Familienurlaub garantiert wieder zurückkehren.
Noch ein kleiner aber wichtiger Nachtrag:
ich muss mich zukünftig unbedingt mehr um portugiesischen Wein kümmern, ich habe hier so viele nette bis gute Tropfen bekommen, da lohnt es sich, mehr Zeit zu investieren.
Liebe Freunde,
mit " Schlager der Woche" stelle ich Euch ja immer wieder Musik und Interpreten vor, die mir etwas bedeuten.
Da ich aber auch gerne und viel lese, habe ich Euch ' mal eine Liste der Bücher zusammengestellt, die mich beeindruckt und somit geprägt haben.
Vielleicht ist ja auch eine Anregung für den einen oder anderen dabei, das würde mich freuen.
Jack Kerouac. "On the Road" (unterwegs)
das war die Bibel meiner frühen Jahre, ich hatte immer ein völlig zerlesenes und vielfach mit Tesafilm geflicktes Exemplar im Seesack dabei und sehe mich dasitzen mit 19, 20 Jahren auf irgendeiner Leitplanke, den Daumen gereckt und beim warten auf das nächste Auto immer wieder in diesem Buch lesend und in Gedanken nicht nach Freiburg im Breisgau sondern nach Denver-Colorado trampend.
Sex, Drugs and Rock'n'Roll sind mir nie wieder in der gleichen Intensität in Buchform begegnet. Zeitlose Lektüre für alle zwischen 18 und 99, die keine Turnschuh-Greise sind
Ernest Hemingway " Wem die Stunde schlägt"
eigentlich finde ich jedes Buch von Hemingway lesenswert, was dieses nochmal besonders macht, ist die unprätentiöse Gradlinigkeit des Charakters des Robert Jordan und die lakonische Beschreibung, das Beste aus einer völlig ausweglosen Situation zu machen.
Hans Fallada "Ein Mann will nach oben"
eine
genaue Beschreibung des eben nicht so guten alten Berlins und der unbedingte Wille, trotz Rückschlägen im Leben etwas erreichen zu wollen.
Theodor Fontane "Frau Jenny Treibel"
noch weiter zurück in die Berliner Geschichte-die Hybris derer, die zu schnell und ohne eigene Anstrengung zu zu viel Geld gekommen sind - Parallelen zu unserer Zeit habe ich - gerade im Berufsleben - genug erfahren
Siegfried Lenz "Deutschstunde"
eintauchen in die deutsche Nachkriegsgeschichte
Wolfgang Borchert "Draußen vor der Tür"
dito
Alan Sillitoe "Die Einsamkeit des Langstreckenläufers "
seinen Willen durchsetzen, auch wenn damit erhebliche Unannehmlichkeiten verbunden sind
Robert M. Pirsig " Zen oder Die Kunst, ein Motorrad zu warten"
hat wenig mit Motorrädern zu tun
mit Anfang zwanzig habe ich es gelesen, nicht verstanden und fand es langweilig
mit Anfang dreißig habe ich es immer noch nicht verstanden, fand es aber spannend
heute finde ich es immer noch spannend und hoffe, es verstanden zu haben
John Wyndham "The Chrysalids" (wem gehört die Erde)
eigentlich langweilen mich Science Fiction - dieser nicht
George Orwell "1984"
Aldous Huxley "Schöne neue Welt"
diese beiden auch nicht
Thomas Mann "Die Buddenbrooks "
habe ich im Laufe der Jahre mehrfach gelesen mit wachsender Begeisterung.
Kleine Fehlentscheidungen und das Schicksal zerstören eine Familie
Elisa Bergamaschi "Die Seidenspinnerin"
Die Buddenbrooks in Italien, eine ähnlich imposante und sprachmächtige Familiengeschichte
Amitav Gosh "Der Glaspalast"
Diesmal eine Familiengeschichte aus Burma, ebenfalls über mehrere Generationen
Khaled Hosseini "Der Drachenläufer"
sorry - aber Afghanistan hatten wir noch nicht
James Clavell "Nobel House" & " Tai Pan"
Hongkong hatten wir auch noch nicht
alle fünf Bücher sind Familiengeschichten, die sehr einfühlsam und detailverliebt dem Leser die jeweilige Zeit und den Ort der Handlung soweit zugänglich machen, das ich manchmal bei der Lektüre aufgeschreckt bin und einen kurzen Moment lang nicht wußte, wo ich mich befand, soweit war ich in die Beschreibung und die Handlung eingetaucht.
Horst Bosetzky " Brennholz für Kartoffelschalen" sowie die Vorgänger- und Nachfolgebücher
eine mehrtausendseitige Erzählung aus einer Berliner Arbeiterfamilie über viele Generationen mit Schwerpunkt der autobiographischen Schilderungen des Autors von der Nachkriegszeit bis heute.
Das hat mich so in den Bann geschlagen, das ich mir eines Sonntages mein Motorrad geschnappt habe, und in ganz Berlin die gut beschriebenen Schauplätze der Handlung abgefahren bin.
Für Berlin-Liebhaber ein Muss.
Stefan Zweig "Die Ungeduld des Herzens" "Die Welt von gestern"
Franz Werfel "Der veruntreute Himmel"
Alle drei wegen ihrer unerhört schönen Sprache; ein Deutsch, das es in Zeiten der Anglizismen und des Kanak-Sprechs leider nicht mehr gibt
Christa Wolf "Der geteilte Himmel"
als West-Berliner und somit jemand, der für die "DDR" nur Verachtung übrig hatte, war das bis 1989 der einzige Draht nach drüben, den ich gelten ließ. Ein wunderbares Buch.
Cormack Mc Carthy " Die Straße"
Das düsterste Buch, das ich je gelesen habe, handelt aber ebenso von der absolut bedingungslosen Liebe zu seinem Kind. lesen !!!
Hubert Shelby "Last Exit Brooklyn"
gnadenlose Beschreibung des "White Trash" in den USA ,ausdrucksstark und gradlinig
Charles Bukowski "Anmerkungen eines dirty old man"
"....es war morgens um halb acht, und die Sonne ging über einem Arsch auf, unter dem ich gerade lag....."
Poesie pur
Hoimar von Dittfuhrt "Am Anfang war der Wasserstoff"
das hat selbst eine schulisch komplette Physik-Niete wie mich in den Bann gezogen und mich dann deutlich mehr aus diesem Gebiet lesen lassen - eine Initialzündung
(Ich habe mich in den Achtzigern immer nur gefragt, wie ein so belesener Mensch eine so beknackte Tochter erziehen konnte)
Marc Aurel "Selbstbetrachtungen "
Gewiss, das sind große Fußstapfen, aber daran wächst man.
Gerade ein eher impulsiver Mensch wie ich
Heinz Ohff "Auch sie waren Preußen "
Preußische Geschichte, einmal ganz anders erzählt
Richard von Weizsäcker " Vier Zeiten"
Ein Beispiel für die Lebenserinnerungen eines verehrten Politikers
Helmut Schmidt "Weggefährten"
dito
Heinrich Stoll "Der Traum von Troja-Heinrich Schliemann"
Der biographische Roman über ein unglaubliches Leben
Heinz Helfgen. "Ich radle um die Welt"
Die Autobiographie eines unglaublichen Lebens
Jostein Gaarder " Sophie's Welt"
Richard David Precht "Wer bin ich, und wenn ja, wieviele ?"
Richard David Precht "Erkenne die Welt - eine Geschichte der Philosophie"
Damit beschäftige ich mich gerade, das ist mein Schwerpunkt in den drei Monaten, die ich jetzt unterwegs bin
Die Bücher ergänzen sich gut - eine Einführung in das philosophische Gedankengut des Abendlandes.
Anfänger sind bei dem Thema doch fast alle, oder?
Die Abenteuer von Tick, Trick und Track
Ach, es gäbe noch so vieles mehr. Bücher sind wie Reisen - nur in den eigenen Kopf
22. 05.
Heute habe ich es bis zur spanischen Grenze geschafft, wie ich es mir vorgenommen hatte. Allerdings hätte ich heute Mittag nach noch nicht einmal der Hälfte der Strecke fast die Waffen gestreckt und abgebrochen, da ich auf schnurgerader Strecke die Küste entlang richtig heftigen Wind mit bösen Böen hatte, der genau aus Nord kam, und jetzt darf jeder 'mal raten, in welche Richtung ich musste.
Zum Glück habe ich durchgehalten, den der Komplex, in dem ich hier übernachte, ist wunderschön, eine Art umgebautes Farmhaus, sehr alt, aber völlig modernisiert, mit Pool und völlig alleinstehend in einer sehr hübsche Flussaue. Da ich wieder drei Fahrtage hinter mir habe, ist morgen frei - dann kommt Aristoteles zu seinem Recht.
Ausser einem erneuten Speichenbruch am Hinterrad, den mir eine prima Werkstatt sofort repariert hat, gibt es sonst eigentlich nichts weiter zu berichten. Ich habe mir für die anstehenden Bergetappen in Nordspanien gleich einen kleineren vorderen Kranz montieren lassen und sehe den Bergen daher mit größerer Gelassenheit entgegen. Jetzt erst einmal ein kaltes Bier. Ciao
85 km. 850 Höhenmeter
Das stand heute über meinem Bett
"Leben ist wie Fahrradfahren:
um ausgeglichen zu sein
muss man in Bewegung bleiben"
(Übersetzung von Bernd F. Hartmann)
passender geht's doch wohl nicht !
21. 05.
Eigentlich hatte ich mir heute morgen um 7.45 Uhr den Wecker gestellt. Ich bin allerdings um 7.00 Uhr aus dem Schlaf gerissen worden, weil mein Gasthaus am Marktplatz des Dorfes gegenüber der
Kirche lag und diese um diese Uhrzeit plötzlich laut und ewig lange zu bimmeln begann und zwei weitere Dorfkirchen in Hörweite einfielen.
Da war an Schlaf nicht mehr zu denken. Das ist für mich wieder ein Beispiel dafür, mit welcher unglaublichen Selbstverständniskeit diese Katholiken davon ausgehen, das jedermann ihre Vorstellung von
Glauben teilt, nämlich das Sonntag morgens um 7.00 Uhr die Nacht vorbei ist, damit auch jeder pünktlich zur Morgenandacht am Weihrauchfass schnuppert. Das ist um keinen Deut anders oder besser als in
den islamischen Ländern, wo der Knabe morgens in aller Frühe auf's Minarett klettert und dann von oben runterblökt, als hätte ihm jemand weiter unten am Körper eine Wäscheklammer an der falschen
Stelle festgeklemmt.
Hier wie dort geht man unverfroren mit purerem Selbstverständnis davon aus, das alle jetzt und hier zu beten haben.
Und jetzt komm' mir bitte keiner mit dem Argument, es würde sich hier um jahrhundertealte Traditionen handeln; die gute alte Tradition, Betrüger erstmal vor dem Rathaus am Marktplatz an den Pranger zu stellen, hat man ( leider) auch aufgegeben, deswegen muss ich jedes Jahr eine Menge Geld an unsere Inkassobude zahlen.
Ich habe heute morgen jedenfalls wieder mal neue Motivation für mein Unverständnis all' denen gegenüber erhalten, die da meinen, alle Welt müsse genau nach ihren Vorstellungen selig werden.
Mir sind Weltverbesserer, die meinen, ihre Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, zutiefst zuwider, egal welcher politischen oder religiösen Couleur sie auch sein mögen.
" In meinem Staate kann ein jeder nach seiner Facon glücklich werden" (Friedrich der Große) - vor 250 (!) Jahren
So, jetzt habe ich mich wieder abgeregt, kommen wir zum Tagesgeschehen:
Die Fahrerei heute war überwiegend prima, zwei Drittel der Strecke führten immer direkt an der Küste entlang mit dem Ozean in Sichtweite. Das einzig wirklich Nervige war ein 12 km langer Abschnitt mit altem, schlecht verlegten Kopfsteinpflaster. Nach ein paar Kilometern darauf kannst du nicht mehr klar denken und wartest nur noch darauf, das es nach der nächsten Kurve bitte aufhören möge!
Aber irgendwann war auch das vorbei und es kamen wieder bessere Zeiten, heute in Gestalt einer kleinen Bude am Straßenrand, die frische Früchte feilbot. Da saß ich dann kurz darauf am Straßenrand auf der Leitplanke und habe zwei frische Pfirsiche und ein Kilo herrliche Kirschen verdrückt. Da fing mein Magen am Ende doch etwas zu rumpeln an und es brauchte so an die zehn Kilometer, bis alles wieder normal war.
Ich bin jetzt in einem kleinen Hotel mit Balkon auf einen kleinen Fluss gerichtet und werde morgen die spanische Grenze erreichen, dann habe ich Portugal einmal komplett von Süd nach Nord durchquert.
110 km. 750 Höhenmeter
20. 05.
Ich bin heute früh aufgestanden ( 7,30 Uhr), um ein bisschen was zu schaffen. 90 km sind es geworden, der Hauptteil davon immer am Achterwasser lang, was bis auf den permanenten Gegenwind sehr schön zu fahren war. Für das Auge war es jedenfalls herrlich.
Ausgebremst hat mich eine Fähre, die Samstags nur stündlich fuhr, und die gerade weg war, als ich am Anleger eintraf. Ich bin jetzt
10 km vor Porto und hätte die Stadt gerne heute noch durchfahren, dann wäre ich aber frühestens gegen sieben Uhr abends an den Stränden und somit den Hotels nördlich von Porto angekommen, und dann war mir am Wochenende das Risiko doch zu hoch, dort evt. alles ausgebucht vorzufinden. Ich bin jetzt in einer kleinen Privatunterkunft, kann von hier aus das Meer sehen und die nette Wirtin hat mir bei einem Glas Portwein ihr halbes Leben erzählt.
Ich schlafe heute im ehemaligen Zimmer ihrer nun erwachsenen Tochter. That's life.
Schatten einer Möve im Sand
19. 05.
Ich habe mich entschlossen, heute noch einen Tag in Shangri-La zur verweilen.
Ich habe mich nach dem Frühstück aufgemacht, und bin stundenlang an der Brandung langgelaufen, ich weiß nicht, wie viele Kilometer ich gelaufen bin, ist auch egal, immer nur einen Schritt vor den anderen, einen vor den anderen, einen.....
Irgentwann habe ich dann umgedreht und bin alles wieder zurückgelaufen und während der ganzen Zeit ist mir nicht ein einziger Mensch begegnet,
so hatte ich heute die ganze weite Welt einen halben Tag lang nur für mich allein.
Da heute Freitag ist, geht es aber weiter mit
Schlager der Woche
Heute kommt: Mark Knopfler
den habe ich zum erstenmal mit seiner damaligen Band " Dire Straits" gehört, das muss so 1976 oder 1977 gewesen sein, und die Art, wie er die Gitarre singen lässt und natürlich diese unnachahmlich weiche Stimme hatten es mir sofort angetan.
Chris, old chap, we've something in common, and our love for him is not the worst.
18. 05.
Heute war ein besonder schöner Tag. Ich bin nach einem ausgezeichneten Frühstück zum Strand gegangen und der war absolut menschenleer, niemand, aber auch nicht eine Menschenseele, war weder in die eine noch in die andere Richtung zu sehen, soweit man schauen konnte. Absolute phantastisch.
Die beiden Bilder sind von ca. 11 Uhr am Vormittag.
Ich habe mich dann stundenlang (keine Ahnung, wie viele) in den weichen Sand gesetzt, auf die Brandung geschaut und meinen Gedanken freien Lauf gelassen.
Wenn man in der zweiten Hälfte der Fünfziger ist und der Zeiger der grossen Lebensuhr langsam aber leider unumkehrbar auf "Herbst" vorrückt, kann man ruhig einmal eine Zwischenbilanz ziehen und genau das habe ich heute getan.
Woher komme ich ?
Mein Leben begann im Wedding, an diese Zeit kann ich mich nur noch bruchstückhaft erinnern.
Meine eigentliche Kindheit habe ich in Spandau verbracht, zusammen mit meinen beiden Schwestern. Unser Zuhause war ein durch und durch kleinbürgerliches Heim, als Kind hat es mir (uns) an nichts gefehlt. Das Paradies meiner Kindheit war unser Familienschrebergarten in einer Laubenkolonie an der Müllerstrasse.
Das keiner der beiden Elternteile fähig war, ein sittlich - intellektuell in sich stimmiges Weltbild aufzubauen und zu vermitteln, das man entweder übernehmen kann oder das aber zumindestens als Reibungsfläche hätte dienen können, das habe ich erst später begriffen.
Als dann das nicht mehr durch die elterliche Fürsorge fremdbestimmte Leben als Sechzehnjähriger begann, da hatte ich das Gefühl, als hätte mich jemand aus einem zu engen Kokon befreit.
Zukünftig wollte ich mein eigener Herr sein und meine eigenen Erfahrungen machen, ohne das mir noch jemand dreinreden sollte. Das war damals das unausgesprochene Leitmotiv meines Lebens, welches ich dann auch nach meinem endgültigen physischen Auszug mit 18 und der Rückkehr nach Berlin (die Familie lebte damals seit 3 Jahren im Rheinland) ziemlich rigoros verfolgt habe.
Es kamen dann die wilden Jahre, eine wahrhaft tolle Zeit - auch aus der Rückschau nach fast vierzig Jahren noch. Ich habe mich nie wieder so befreit, losgelöst, ungebunden und selbstbestimmt gefühlt, wie damals. Ich hatte nie Geld, keine anständige Wohnung, habe in diversen Jobs immer gerade soviel verdient, das es zum Leben und für die nächste Reise langte und mich insgesamt pudelwohl dabei gefühlt. Ich habe so ziemlich alles mitgenommen, was das Leben an interessanten und aufregenden Dingen und Situationen bereithält (und dieser honorige Satz beinhaltet wirklich einiges !), und wenn es etwas gibt, was ich aus dieser Zeit gelernt habe, dann das ich meine Möglichkeiten erfahren habe aber auch meine Grenzen kennengelernt habe. Eine gute Portion Menschenkenntniss sowie ein gesundes Selbstvertrauen sind dabei ebenfalls abgefallen.
Die zweite Phase meines Lebens begann dann mit mitte Zwanzig - als mir immer bewusster wurde, das Herumtoben, trinken, reisen und feiern zwar ganz lustig sind, das es im Leben aber doch noch etwas "Mehr" geben muss. Zunehmend ödete mich der ganze Sex, Drugs und Rock`n Roll - Circus mit den sich immer wiederholenden Abläufen (mittags mit benebelter Birne neben irgendwem aufwachen, wieder keine Kohle in der Tasche, wieder mit irgendwelchen Leuten sinnloses Weltverbeserungsgequatsche in immer gleich anmutenden Kneipen geführt, etc.) an.
Es wurde langsam Zeit, einen anständigen Beruf zu erlernen, die Fernfahrerei war auch nicht annähernd so spannend, wie in den Trucker-Filmen gezeigt.
Was sollte ich jetzt also tun?
Feuerwehr wäre etwas gewesen, aber dafür brauchte man eine abgeschlossene Lehre, ich hatte aber nur eine kurz vor dem Abi abgebrochene Schullaufbahn zu bieten. Was sonst? Mein Onkel war damals Staatsanwalt und nachdem ich mit ihm gemeinsam einige seiner Prozesse erlebte habe, dachte ich, das könne etwas sein. Ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl hatte ich damals schon.
Zum Studium waren nur zwei Dinge nötig: das Abi und ein fester Job zum Geldverdienen
Also zuerst den Taxischein gemacht (in der Rückschau das schwierigere Unterfangen) und dann auf der Abendschule das Abi nachgeholt (in einem statt in zwei Jahren-wenn schon, denn schon).
Da stand ich dann also im Sommer 1987 mit stolzgeschwellter Brust und meinem nicht so schlechten Abiturzeugnis und trabte zur Studienberatung, aber dort wurde mir die Luft sehr rasch wieder abgelassen. "Na klar", hieß es da, "können Sie Jura studieren, aber bis Sie fertig sind, ist die Zeit für eine Verbeamtung abgelaufen, das geht nur bis zum dreißigsten Lebensjahr".
Super, ich wollte aber gerne Staatsanwalt oder Richter werden und kein Winkeladvokat, der versucht, für zwielichtige Gestalten eine möglichst geringe Strafe herauszuholen. Also kein Jurastudium.
Da das Taxifahren einen damals in Berlin gut ernährt hat, habe ich wieder ein bisschen das Leben zusammen mit meiner ersten Frau genossen. Viele Reisen, viele Ausflüge ins Berliner Nacht- und Kulturleben, aber alles weitaus gesitteter als Jahre zuvor.
Die Dinge bekamen eine neue Wendung, als meine Frau eines Sonntags Zahnschmerzen bekam und ich sie mit der Taxe, die ja immer vor der Tür stand, nach Britz zum Notzahnarzt fuhr. Während sie drinnen behandelt wurde, saß ich draussen vor dem Haus und plötzlich kam mir schlagartig die Idee, das das doch auch etwas für mich sein könnte. Also bin ich gleich am darauffolgenden Montag zur Uni und habe mich über das Berufsbild und insbesondere über den Weg dorthin aufklären lassen. Damals musste man noch für alle medizinischen Studiengänge einen "medizinischen Eignungstest" machen, der wurde nur einmal im Jahr bundesweit an einem Tag abgenommen, die Prüfung dauerte einen ganzen Tag (!).
Da. musste die damals lange geplante Weltreise leider verkürzt werden, ein halbes Jahr ist dann doch daraus geworden.
Den Vorbereitungslehrgang und dann den Test selbst im Dezember 1988 habe ich mit Erfolg abgelegt (Prozentrang 2,7, d.h. von den ca. 26.000 Getesteten waren 2.6% besser, 97.3% schlechter als ich).
Damit brauchte ich keine Wartesemester, sondern konnte sofort loslegen. Das Studium habe ich in der Regelstudienzeit mit guten Noten abgeschlossen und war anschliessend um viele gute Freunde reicher aber auch um eine Ehefrau ärmer.
Viel Freude hat mir auch mein Engagement in diversen Studentenvertretungen gebracht, was darin gipfelte, das ich für viereinhalb Jahre in der Dachorganisation der Zahnmedizinstudenten als Bundesvorsitzender tätig sein konnte. Unvergessen sind mir neben den schon zahlreichen "heimischen" Studentenpartys die nationalen und die weltweiten Treffen der Studenten, die natürlich immer von gewissen Feierlichkeiten begleitet wurden.
Nach fünf Jahren als Assistenzarzt an der Charité` war mir völlig klar, das eine einstmals angedachte Unikarriere für mich nicht in Frage kommen würde, das hätte wieder ein zu enges Korsett bedeutet.
Also habe ich eine mir damals sehr sympathische Kollegin angesprochen und die nahm die Idee der angebotenen beruflichen Zusammenarbeit mit Freude auf. Daran schlossen sich achteinhalb gemeinsame Jahre beruflicher Selbstständigkeit an, im Verlaufe derer wir es zu drei Zahnarztpraxen und einem zahntechnischen Labor mit über dreissig Angestellten gebracht haben.
Nach fast 9 Jahren war dann der Vorrat an Gemeinsamkeit aufgebraucht und ich war nicht unglücklich, ein zunehmend unübersichtlicher werdendes Gebilde auflösen zu können und gemeinsam mit Marion als Managerin erst die eine Praxis weiterzuführen und dann, mit 51 Jahren und unter Anspannung aller physischen und finanziellen Ressourcen, die nunmehrige Praxis in Mitte zu eröffnen.
Das
dann 2013 noch die Übernahme der Praxis der JVA Tegel dazukam war zwar nicht langfristig geplant worden, hat aber mein berufliches Leben noch einmal mit einem ganz anderen Wirkungskreis
versehen.
Der dritte Teil meines Lebens setzt genau am 03.08.2003 ein. Seit diesem Tage bin ich mit dem besten Menschen zusammen, den ich mir vorstellen kann. Seitdem Marion in mein Leben eingetreten ist, bin ich "angekommen". Ein innerlich erfüllteres und schöneres Leben als mit ihr kann ich mir nicht vorstellen. Ich glaube, ich habe die Bedeutung der Theorie verstanden, das es in jedem Leben genau den einen Menschen gibt, mit dem man es teilen möchte.
Die wahrlich beste Ehefrau von allen. Jeden neuen Tag wieder.
Am 29. 02. 2008 ist Nadeshda geboren worden. Ein unvergessliches weil unvergleichliches Erlebniss. Ich hätte vorher nie geglaubt, wie ein eigenes Kind den inneren Kompass verändern kann. Ich bin jetzt jedenfalls ein glücklicher Familienmensch und freue mich sehr daran, mitzuerleben, was sich langsam aus diesem ehemals so kleinen Menschen zu entfalten beginnt und bin gewillt, ihr dabei immer ein verlässlicher Begleiter und Ratgeber zu bleiben.
Mein Resümee also nach fast 58 Lebensjahren: absolute Zufriedenheit und ein tiefes Glücksempfinden, das es das Schicksal so gut mit mir gemeint hat bisher: ich war immer gesund und bis vor einem Jahr völlig ohne Schmerzen (keine OP, nie ein Tag im Krankenhaus), ich lebe am Rande einer der tollsten Städte die ich kenne, ich habe eine Bleibe, die ich mein Eigen nennen kann, habe einiges von der Welt gesehen, habe oft gutes Essen und hervorragende Weine geniessen können und habe insbesondere Eines, das für mich immer wieder eines der grössten Geschenke meines Lebens ist - meine Freunde
Ich habe die Aussage, Blut sei dicker als Wasser, schon immer für unbegründet gehalten.
Dazu habe ich als Freund oder in meiner Eigenschaft als mehrmals heiß gehandelter Kandidat für den Posten des Lieblingsschwiegersohnes zu oft Einblick in diverse Familien gehabt und das war doch ein meistens bedrückendes Resultat. Natürlich ist eine intakte Familie etwas richtig Schönes und es gibt sie glücklicherweise auch und es hat mir immer Freude breitet, z.B. in der Familie meines Onkel's Harald oder meiner Freundin Michi daran teilhaben zu dürfen - nur sind das leider eher Ausnahmen.
Freunde sind Menschen, die fühlen sich nicht gezwungen, Zeit, Gedanken, Freude und Leid miteinander zu teilen, sondern die MÖCHTEN das, und das ist ein grosser Unterschied.
Wir feiern Weihnachten beispielsweise seit Jahren gemeinsam mit Michi und Marco und deren Eltern, Heiligabend sind wir bei Michi und Marco und am zweiten Weihnachtsfeiertag kommen alle zu uns zum Gänsebraten.
Das sind immer so schöne harmonische Tage, auf die ich mich jedes Jahr wieder freue, das war damals zu Hause nicht immer so.
Ich bin jedenfalls sehr glücklich, das ich Menschen zu meinen Freunden zählen kann, die mir sehr nahestehen und ohne deren Anwesenheit meine Welt um vieles ärmer wäre.
Freunde, die die Intelligenz haben, das wir manche Nacht zusammengesessen haben und uns über so Vieles den Kopf zerbrochen und die Herzen heißgeredet haben.
Freunde, die soviel Einfühlungsvermögen mitbringen, das ich mich ihnen anvertraut habe und das jederzeit wieder machen würde und werde.
Freunde, die über den Humor verfügen, über mich, über sich und über fast alles in der Welt herzhaft lachen zu können und sich mit mir über die kleinen Fallstricke des Lebens bombig amüsieren können.
Alte Freunde und Bekannte -oft über Jahrzehnte, aber glücklicherweise kommen auch immer mal wieder Neue hinzu.
Welch´ schönere und erfüllendere Bilanz kann man nach drei Stunden am Strand ziehen ?
17. 05.
Heute war es fahrtechnisch ein gemischter Tag, die ersten 40 meiner insgesamt 60 km heute waren des Radfahrers Traum: gut ausgebaute und ruhige Straßen, die durch schöne Umgebung ( Wälder und Weinreben) geführt haben, dabei sehr schönes und nicht zu heißes Sommerwetter und immer etwas mehr Gefälle als Steigung, da es ja dem Meer zuging. Ich machte dann eine Popo-Pause und nach der halben Stunde war es plötzlich gänzlich anders: die Strecke war flach, die Straße wie mit dem Lineal gezogen und die ganzen letzten 20 km starker Gegenwind, gegen den es anzustrampeln galt. Da war ich froh, als ich die Küste erreicht habe, wurde hier aber sofort mit einem Spitzen-Hotel und einem völlig einsamen schönem Sandstrand entlohnt.
Hier werde ich einen Tag bleiben und das Strandfeeling genießen.
Ich habe mir für die Zukunft vorgenommen, immer drei Tage zu fahren und dann einen Ruhetag einzulegen, den wohlverdienten Altersbonus sozusagen.
Jetzt setze ich mich mit einem Glas Rotwein auf den Balkon, blicke über den Atlantik und denke über mein verpfuschtes Leben nach
:-)
16. 05.
Bis auf mehrere knackige Anstiege war es heute ein unspektakulärer Tag mit 80 Km bei 850 Höhenmetern. Allerdings bin ich so ausgepumpt, das ich gar keine Lust mehr habe, die schöne Stadt Coimbra zu erkunden. Ich müsste dazu einen Hotelshuttle besteigen, der stündlich fährt, und das ist mir zuviel Action, zumal ich die Stadt kenne. Heute mache ich einen ruhigen Abend und sehe mir alles vom Balkon aus an ( Bild).
Die Geschichte mit dem Schweden gestern endete auch weit rascher als gedacht: am Anfang noch ganz in Ordnung ( ok, er wollte kein Bier und trank SAFT - damit ist er einer ganz seltenen Spezies zuzuordnen; ein Schwede, der keinen Alkohol trinkt , das ist in etwa so wie ein Dschihadist ohne Fusselbart und Fußpilz), entpuppte er sich schnell als Psycho und geistiger Wiedergänger von Anders Breivik. Ich habe mir das Neonazigefasel nicht lange angehört und bin dann alleine in einem netten indischen Restaurant zu Abend essen gegangen und habe mich als einzelner Gast sehr lange mit dem Besitzer prima unterhalten.
Ich sag's immer wieder: Leute, die nie Alkohol zu sich nehmen, sind suspekt.
15. 05.
Die Fahrt heute war nicht sonderlich bemerkenswert bis auf zwei heftige Anstiege von je einer halben Stunde (so sieht man danach aus), so habe ich heute 70 km bei 1000 Höhenmetern absolviert. Lustig wird es wahrscheinlich erst abends: Ich biege gerade in die Straße von dem Hotel ein, da sehe ich schon, wie ein anderer Tourenradler gerade von seinem ebenfalls hochbepackten Bike absteigt und ins gleiche Hotel geht. Eine Minute später stand ich neben ihm an der Rezeption und nach kurzem Gruß fragte ich ihn nach seinem Ziel. " I'm riding from Lisboa to Hammerfest - and you?" war seine Gegenfrage. Ich antwortete: " Oh, I' m just doin ' a short track - I ' ll just do Gibraltar-Berlin". Einige Sekunden Stille und dann brüllte er los vor Lachen und der Rezeptionionsknabe ebenso. Der Typ ist Schwede, ist wohl nochmal zehn Jahre älter als ich und sieht aus, als hätten sie ihn gestern aus Kapitän Ahab's Truppe gezogen und auf's Rad gesetzt. Mit dem bin ich nun heute zum Abendessen verabredet und da ich die skandinavischen Trinkgewohnheiten noch aus meiner Studentenzeit gut in Erinnerung habe (lauter blonde Schweden, jeder ein gefülltes Glas vor sich und einer brüllt aus Leibeskräften " ike nu, ike nu, ike nu ------ nu" ( noch nicht, noch nicht, noch nicht -----jetzt) und wer dann nicht innerhalb von zwei Sekunden den Aquavit weggeschluckt hat, ist der Dödel und muss die nächste Runde zahlen), schwant mir Übles für die Zeit nach dem Essen. Solltet Ihr morgen nichts von mir hören, dann wisst Ihr jetzt den Grund. Morituri te salutant.
Die Mauer lässt sich rundherum begehen, der alte Wehrgang, ca. 1,5 m breit und zum Teil 15 Meter über der Straße ohne Geländer.
Bei uns hätten sie jetzt Warnschilder, Plastikabsperrungen, Lampen, Griffe und Verbotsanweisungen zu Hauf' installiert und so das ganze Ensemble verschandelt - hier lässt man alles so, wie es schon seit Jahrhunderten ist, setzt auf den natürlichen Überlebenswillen des Einzelnen und wenn jemand abrauscht, dann spielt er halt in Zukunft wegen erwiesener Blödheit nicht mehr mit.
Welche Version gefällt mir mehr ?
Ausserdem habe ich mit heute die Zeit genommen, um unter Zuhilfenahme der Erfahrungen der letzten beiden Wochen einmal den weiteren Verlauf der Tour realistisch durchzuplanen und musste dabei leider feststellen, das die von mir geplante
" Umrundung" der Pyrenäen nicht durchführbar ist, ich muss die "Abkürzung" über die Atlantikküste nehmen. Das heißt, liebe Doro, Du treue Seele, das ich es leider nicht schaffe, Dich zu Hause endlich einmal zu besuchen. Es tut mir herzlich leid!
Ausserdem fällt noch das Erlebniss der Lavendelblüte in der Provence aus, auf das ich mich schon sehr gefreut hatte. Wer das einmal gesehen und gerochen hat, der vergisst es lebenslang nicht mehr. Aber es ist halt ein großer Unterschied in der Reichweite, ob man einen Hilfsmotor hat oder eben nicht. Was mich seht gefreut hat heute war die Ankündigung von Chis, sich wahrscheinlich mit mir in Bilbao treffen zu wollen und dazu extra ein Wochenende von London dort einzufliegen und die Absichten sowohl von Bernd als auch von Jojo, mich jeweils mit dem Rad ein Stück begleiten zu wollen und mit beiden Pläne dafür geschmiedet zu haben.
Es ist ein tolles Gefühl, gute Freunde zu haben.
13. 05.
Der heutige Tag war bei Weitem besser zu fahren als von mir befürchtet. Zwar waren auf 75 Km Länge auch 1350 Höhenmetern zu bewältigen, aber die Art der Steigungen war wesentlich angenehmer. Keine brachialen Steigungen, wo du das Gefühl hast, es zerreißt dir die Oberschenkel, gefolgt von supersteilen und damit schnellen Abfahrten, sondern nette Hügel, die man in Muße erklimmen kann, um sich dann auf langen, stetigen Bergabfahrten des Lebens zu erfreuen.
Allerdings habe ich in der zweiten Tageshälfte einmal nicht aufgepasst und bin auf einer Abfahrt mit Karracho über einen Gullydeckel gebrettert. Die sind hier nicht so schön eben mit der Fahrbahn verbunden wie bei uns - ich hab hier schon Exemplare gesehen, da verschwindet ein Trabbi mit Mann und Maus drin!
So einer war es zum Glück nicht, es hat aber gereicht, das ich mir am Hinterrad eine Speiche gebrochen habe ( 25 kg Gepäck) und ich hernach eine veritable "Acht" im Hinterrad hatte. Das hatte zur Folge, das ich, kaum im Hotel angekommen, gleich nochmal 10 km drauflegen musste, um zur nächsten Werkstatt zu gelangen-dasselbe natürlich nach erfolgter Reparatur zurück. Zum Ausgleich war das Abendessen excellent und das Hotel ist ebenfalls prima. Ich glaube, ich bleibe noch einen Tag. Ich wünsche Euch allen einen schönen Sonntag.
So, Freunde, da heute wieder Freitag ist, geht's folgerichtig weiter mit unserer beliebten Rubrik "Schlager der Woche": Jetzt möchte ich Euch mein absolutes musikalisches Idol vorstellen: Bruce Springsteen . Niemand hat mich im Leben musikalisch mehr geprägt als er. Ich habe seine Stimme zum ersten Mal auf einer meiner Tramp-Touren 1979 in Zürich gehört und das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft! Trotz Bob Dylan, den Rolling Stones, Jonny Cash und vielen anderen meiner alten musikalischen Weggefährten: Springsteen steht ganz oben, halt
"the Boss "
12. 05.
Puh, gerade so auf der letzten Rille im Hotel eingetroffen.
Heute war der bisher beknackteste Tag von allen. Zuerst wollte das Wetter nicht aufklaren, um 12.30 Uhr konnte ich dann endlich los.
Dann begann der Mist: nasse Straßen, oft mit Kopfsteinpflaster und somit sauglitschig mit dem schweren Fahrrad, dann dichter Grossstadtverkehr und abartigen Steigungen. Zudem funktioniert das Fahrrad-Navi in Portugal nicht, weil das Land nicht zu den 26 europäischen Ländern der gespeicherten Standardversorgung gehört und ich leider zu blöd bin, um ein neues Land aufzuspielen.Das Handynavi funktioniert auch nur eingeschränkt, da ich es immer erst aus der Hosentasche holen musste-also x mal verfahren. Ich hoffte, wenn ich die Stadt ersteinmal hinter mir hätte, würde es besser, weit gefehlt. Eine Bergkette nach der anderen, jedesmal denkt man, es wäre geschafft, nur um oben festzustellen, das nach kurzer und steiler Abfahrt die nächste steile Steigung wartet. Zu guter letzt bin ich 2 km (!!) vor dem Hotel noch von einem schönen Schauer überrascht worden und kam klitschnass im Hotel an.
Einen echten Zombie hätten sie auch nicht mit mehr Begeisterung einchecken können!
So, nun hoffe ich, das das Essen schmeckt und der Tag morgen besser wird. Ciao und guats Nächtle. (65 Km bei 1500 Höhenmetern)
11. 05.
Heute ließ das Wetter eine richtig ausgedehnte Sightseeingtour zu.
Altstadt, Jesusstatue, Expo-Gelände - ich war heute gut
12 h unterwegs. Lissabon ist doch deutlich interessanter, als ich es von damals in Erinnerung hatte. Die Atmosphäre hier kommt mir vor, als wäre ich wieder in meine Jugendzeit eingetaucht-vieles ist hier so, wie ich es aus den 70er Jahren in Erinnerung habe. Richtig gutes, altes Europa im besten Sinne des Wortes. Wenig Malls mit immer den gleichen Kettenläden, keine " Flagshipstores", keine breiten, zugestandenen Straßen-alles noch so richtig gute alte Zeit. Viele kleine Läden, die zum stöbern, schauen oder riechen einladen, viele nette und unscheinbare Cafés, jede Menge ruhige und nette Ecken zum Verweilen.
Das Gegenteil von angesagten Megastädten aus der Retorte wie Singapur oder Dubai. Empfehlenswert!
Am Abend hatte ich dann noch ein sehr nettes Erlebniss:
von einem guten Essen zufrieden ins Hotel schlendernd hörte ich plötzlich gute Blues-Musik, und zwar live. Ich bog um die nächste Ecke und da sammelten sich immer mehr Leute um eine kleine dreiköpfige Band, die so das Beste an Strassenmusik gemacht hat, was ich je gehört habe. ( Susanne, erinnerst Du dich noch an die Jungs in Prag ?). Das Publikum war begeistert und die Jungs haben 45 min ein prima Konzert abgeliefert - zu mindestens 98% besser als alles, was bei "Deutschland sucht die Super-Nutte" oder ähnlichen Mistsendungen je gecastet worden ist.
Ein toller Abschluss in einer tollen Stadt.
Das Wetter soll sich morgen am Nachmittag stabilisieren, so das ich dann weiter in Richtung Norden komme. See you, folks.
10. 05.
Heute hat es hier unglaublich geregnet. Ich war am Mittag in einer kurzen Regenpause unterwegs, bin aber nicht weit gekommen, selbst mit einer guten Regenjacke ist man bei diesen Fluten machtlos.
Am Abend (Photo) klarte es ' mal für eine Stunde auf, so das ein wenig Sightseeing möglich war.
Ich habe hier ein richtig gutes Restaurant entdeckt-nach zwei Wochen eher unterdurchschnittlichem Essen gefällt es mir sehr, richtig gutes Essen und insbesondere guten Wein zu genießen.
9. 05.
Jiiiipppppiiiihhhhhh!!!!!!
Ich habe mein erstes Etappenziel der Tour erreicht und bin nach 115 km und 1000 Höhenmetern plus zwei Fährfahrten in Lissabon eingetroffen.
Nachdem Papa dann gestern doch etwas beduselt ins Bettchen gekrochen ist, klingelte heute morgen um sechs (!) der Wecker, da ich es heute unbedingt bis Lissabon schaffen wollte. Das Frühstück war super und die nette Lady hat mich im Auto wiederum zu einer kleinen Nebenstraße Richtung Setubal eskortiert. Dann habe ich zum ersten Mal auf dieser Tour den Atlantik gesehen und bin stundenlang durch Pinienwälder geradelt-was für ein Geruch !
Als hätte ein Riese mit einem Parfumflacon die ganze Welt mit Pinienduft besprüht-herrlich.
Nun bin ich in einem 400 Jahre alten Mietshaus inmitten der Altstadt von Lissabon untergekommen, das Zimmer hat eine Höhe von 4.5 Metern !
Jetzt bleibe ich ersteinmal drei Tage hier. Zum einen möchte ich mir die Stadt richtig anschauen-das letzte Mal war ich vor 20 Jahren hier, zum anderen ist für die nächsten drei Tage heftiger Regen prognostiziert und wo ließe sich der besser abwettern als in der Grossstadt.
8. 05.
Heute war nichts besonderes beim Fahren - 85 km und 500 Höhenmeter bei schöner Landschaft und leeren Straßen. Besonders wurde es erst nach meiner Ankunft nachmittags in Grandola, einer
portugiesischen Kleinstadt in the middle of nowhere südwestlich von Lissabon. Erstmal habe ich das bei Booking.com vorbestellte Hotel einfach gesucht, so riesig ist Grandola nicht, ich hatte leider
keinen Erfolg. Dann habe ich mehrfach gefragt, niemand der Einheimischen kannte das Haus oder die Adresse. Dann habe ich die Telefonnummer angerufen, die bei der Reservierung dabei war-da meldete
sich auch jemand, fragte, wo ich sei und sagte mir, man würde mich abholen.
Nach 20 min kam dann auch ein Auto mit einer Lady darin und sagte, ich solle hinter ihr herfahren. Wir fuhren dann nochmal 5 Km in einem Vorort eines Vorortes von Grandola; man muss sich die Szenerie
wie eine Mischung aus schäbigem Industriegebiet und Laubenpieperkolonie vorstellen. Da bogen wir auf ein Bauernhof ab und auf der Rückseite gab es dann mein Quartier.
Meine Frage, ob es denn hier zu Essen und zuersteinmal ein eiskaltes Bier gäbe, wurde lässig verneint.
Nun, Ihr kennt mich und meine Stirnfalte, wenn es nichts anständiges zu essen und in diesem speziellen Fall zu trinken gibt! Das hat die Lady auch sofort richtig gedeutet und gefragt, ob sie denn kaltes Bier vom Supermarkt hole solle, was ich natürlich bejahte. Ich denke, wenn man schon mitten in der Pampa eine Pension betreibt, dann sollten wenigsten ein paar Flaschen Wasser, Cola, Bier u.ä. bereit stehen.
Da die Stirnfalte wohl doch tiefer war als beabsichtigt, wurde mir gleich ein ganzes Six-pack kalten Bieres gebracht. OK, da es auch einen Pizzaservice gab, besserte sich meine Laune dann doch rasch.
Als dann nach einer Stunde die Pizza ( mit Salat, beste Ehefrau von allen) kam, war man seitens der Gastgeber nun so extrem um mein leibliches Wohl besorgt, das mir auf Kosten des Hause gleich noch eine ganze Flasche Rotwein spendiert wurde.
Da saß ich also nun mit meinem Abendessen und hatte noch vier Flaschen Bier und eine Buddel Vino Tinto.
Was sagt der Norddeutsche in so einer Situation?
"Wat mutt, dat mutt"
(siehe Bild oben -alles leer für gutes Wetter)
7. 05.
Heute war der schönste der bisherigen Tage im Sattel. Es ging durch herrlich einsame und hügelige Landschaft ohne Autoverkehr.
Die Aufstiege hielten sich in Grenzen, maximal 20 min am Stück und alle im 1-3 Gang bei kleinem vorderen Kranz zu bewältigen ohne auf der Pedale zu stehen oder gar schieben zu müssen. So habe ich heute 85 km bei 1500 Höhenmetern geschafft.
Super!!!
Was ich besonders schön finde, ist das Gefühl, das unter all' der in den Jahren angesammelten Rotwein- und Champagnerschlacke noch der Kern glüht und man muss ihn nur wieder anheizen, um ihn zum Brennen zu bringen.
Cooles Gefühl, sag' ich Euch!
Allerdings war ich am Ende auch wieder wirklich froh, das Ziel erreicht zu haben, denn ich habe unterwegs eine Menge Öl verloren - hier waren heute Mittag 32 Grad.
Die ersten beiden eiskalten Biere haben gutgetan!
P.S.: vielleicht sollte ich noch die Geschichte mit dem Storch erzählen:
Hier gibt es Alleen, da ist buchstäblich jeder Strassenbaum mit mindestens einem Storchennest versehen, größere Bäume auch mit mehreren. Die Viecher bleiben von Autos und lauten Motorrädern völlig unbeeindruckt hocken, die kennen sie nämlich.
Nur wenn ein leiser und langsamer Radfahrer kommt, werden sie unruhig, äugen von oben herab und fliegen dann oft kurz vor meiner Passage des Nestes los. In der Ebene oder bergauf kein Problem. Lustig wird es nur, wenn man bergab fährt und 40 km/h oder mehr ' drauf hat-die Viecher entscheiden sich erst im letzten Moment zum Notstart und so kam es doch tatsächlich dazu, das mir ein Storch mit seinem Flügel eine richtige Nackenschelle verpasst hat! Zum Glück hatte ich beide Hände am Lenker. Hätte ich reaktionsschnell zugebissen, gäbs heute Abend Storchbraten.
6. 05.
Gestern habe ich noch eine Weile mir mir gerungen, ob ich in diesem wunderschönen Hotel in der Einsamkeit nicht doch noch einen Tag bleiben sollte, dann habe ich mich für die Option "weiterfahren" entschieden. Demzufolge stand der alte Preuße also morgens um acht frisch geduscht an der Rezeption und wollte sein Fahrrad aus den Tiefen des Hotelkellers ans Licht holen, nur - da war niemand. Alles dunkel und leer. OK, grummelt der alte Preuße was von
" südländischem Zeitverständnis " und geht wieder aufs Zimmer, da der Frühstücksraum entgegen der schriftlichen Auskunft am Tresen ebenfalls noch geschlossen war. Als sich weder hier noch dort um 8.15 und erst recht um 8.45 Uhr etwas tat, schoss mir dann doch langsam der Blutdruck ins Gewebe!
Um kurz nach neun war -wie von Zauberhand-alles offen und besetzt. Beim im übrigen perfekt organisierten und ausgestatteten Frühstück dämmerte mir langsam, das das nicht zusammenpasste. Nach einiger Überlegung kam mir dann die Erleuchtung: andere Zeitzone!!! Eine kurze Nachfrage an der Rezeption bestätigte meine Theorie: hier, nur einen Steinwurf von Spanien entfernt, ist es eine Stunde früher als auf der anderen Seite des Flusses. Da war der alte Preuße wieder beruhigt!
Nur-jetzt hatte ich auch keine Lust mehr, das Fahrrad zu aktivieren, also ein Tag relaxen an Pool war jetzt angesagt.
Wat sagt da der alte Berliner ?
" Hab' ma jefühlt wie Jraf Koks vonne Jasanstalt"
5. 05.
Heute habe ich 60 km geradelt und bin jetzt in Portugal. Ich bin um 8.30 Uhr los wie jeden Morgen und habe glücklicherweise gleich
3 km weiter angehalten, um zu frühstücken, da es in meiner kleinen Pension keines gab. Warum glücklicherweise? Weil ich nach dem Frühstück realisiert habe, das ich meinen Pass vergessen hatte und so nur 3 km und nicht etwa 20 oder 25 km zurückfahren musste. Ich bin dann durch wiederum herrliche Gegend gefahren, habe mir kein Stress gemacht und mir nur das Ziel " Grenzfluss" gesetzt. Trotzdem wurde es noch hektisch, weil plötzlich riesige schwarze Wolken den Himmel bedeckten und dann das herunterkam, was der Meteorologe verschämt " Schauer" nennt. Als Radler inmitten freier Natur weicht dich so ein Schauer von 15 oder 20 Minuten Dauer aber komplett auf.
So ist es mir beim ersten dieser Regenfälle ergangen. Ich habe notdürftig versucht, das Gepäck und insbesondere den Elektronikkram zu sichern, sah aber selbst aus wie ein begossener Pudel.
Der zweite aufziehende Schauer eine halbe Stunde später hat eine Wettfahrt zwischen den Wolken und mir ausgelöst: ich sach ' mal:
Unentschieden - ich bin nicht komplett nass geworden, habe mich allerdings bergauf zur einsamen Tankstelle, die wie eine
Fata Morgana in der Einsamkeit aufgetaucht ist, völlig verausgabt, so das ich richtig weiche Beine hatte bei meiner Ankunft dort.
Die Tankstellenlady wollte mir die Oberschenkel nicht massieren sondern fühlte sich mit einem verschwitzten und nassen Fremdling allein im Regen auch nicht recht wohl.
War schon eine Begegnung der dritten Art!
Die letzten 15 km nach der Tanke waren dann OK, die Straßen hier sind absolut super, obwohl hier kaum jemand darauf unterwegs ist. Wenn hier mal ein Warnschild "schlechter Fahrbahnbelag" steht, dann ist der Abschnitt danach immer noch so gut, das jeder Berliner Bezirksbürgermeister vor Neid Tränen in die Augen bekäme.
Als ich dann am Grenzfluss Rio Guadiana ankam, war wieder ' mal andere Welt; wo bei uns jetzt jede Menge Wegweiser stünden, war hier überhaupt nichts zu sehen von irgendeiner Möglichkeit, nach Portugal zu gelangen. Ich habe mich dann durchgefragt zu einem Mickymausanleger, der bei manchem Wannsseesegler schon Naserümpfen auslösen würde. In der Bar am Ufer wurde mir auf Nachfrage erklärt, das ich mich einfach ans Ufer stellen soll, der portugiesische Fährmann würde mich irgendwann sehen und dann hinüber kommen, um mich zu holen. Nachdem ich dann dort eine Weile den Hampelmann gemacht habe, kam tatsächlich ein Böötchen über den Fluss, und so bin ich dann doch glücklich in Portugal gelandet.
Vielleicht bleibe ich wieder einen Tag hier, da durch die ungewohnten Erschütterung des Lenkers meine beiden Hände, insbesondere die Linke, ziemlich taub sind. Ich hoffe, das gibt sich bald wieder.
So, jetzt kommt eine neue Idee von mir - ich habe schließlich genug Zeit, mir was auszudenken:
ich eröffne heute eine neue Rubrik:
" Schlager der Woche"
( erinnert ihr euch noch???)
meine Ausprägung zur gereiften und allseits geschätzten Persönlichkeit (he, hier wird nicht gegrinst) habe ich nicht zuletzt auch durch die Musik erfahren, die ich seit Jahrzehnten gerne höre und die mein Leben sehr bereichert hat. Also lasse ich Euch hier daran teilhaben; ab jetzt jeden Freitag !
Nachdem ich Euch zu Anfang schon Lee Clayton eingespielt habe, jetzt ein weiterer absoluter Favorit von mir:
Leonhard Cohen
Dessen Stimme habe ich zuerst 1975 in einer Kreuzberger WG gehört uns die hat mich seitdem nie wieder losgelassen.
4. 05.
Ich habe heute bei anfangs gutem Wetter und schönen Straßen 50 km zurückgelegt. Dunkle Wolken und ein extrem schmerzendes Hinterteil haben mich auf halber Strecke ein Hotel aufsuchen lassen, soviel gibt es davon hier nicht. Erleichtert wurde mir die Entscheidung dadurch, das man mir hier in der Bar erzählt hat, das der von mir favorisierte Grenzübergang nach Portugal bei Alcoutim gar keine Fähre hätte, um über den Fluss zu setzen. Eine Fahrt dorthin und dann keine Möglichkeit zum Übersetzen wäre nicht schön, das hätte zwei verschenkte Tage gehiessen, nämlich den ganzen Grenzfluss nach Süden zurück bis Huelva, der nächsten Möglichkeit zum Grenzübertritt. (Hier ticken die Uhren in der Tat noch völlig anders als bei uns). Also rin inne Pängsion und den alten Kumpel Bernd angerufen und der alte Spanier hat dann nach diversen Telefonaten mit örtlichen Honoratioren tatsächlich herausbekommen, das es tagsüber für Fußgänger u n d Radfahrer eine Fährverbindung gibt (muchas gracias, Compagnero). Wird ja ein doller Kahn sein. Morgen dann mehr, jetzt wird der Popo ( und die Kehle) gekühlt. Ich war gerade für mehrere Stunden "downtown", und obwohl das Städchen (Gibraleon) architektonisch wirklich annehmbar ist (siehe Bild), ist man hier leider sehr weit entfernt von der lockeren mediterranen Lebensfreude wie in Frankreich oder gar Italien-es gibt nicht ein einziges Restaurant, nur ein paar Bars; in einer davon habe ich bei Dauerberieselung eines miesen Fernsehsenders a la RTL 2 ein paar leidlich gute Tapas bekommen. Ich habe hier sowieso das Gefühl, in einer andalusischen Dependance von Idar-Oberstein gelandet zu sein-nicht nur der fehlenden kulinarischen Finesse wegen. Viele der Leutchen, die dieses gesegnete Kaff bewohnen, erinnern mich eher an Cro Magnon als an EU-Bürger. Das es sowas westlich des Urals noch gibt-man lernt eben nie aus! Es lebe die generationenlange Inzucht im Talkessel.
Immer ordentlich Wäsche machen, damit Mutti stolz ist
3. 05.
Wieder toll, aber anstrengend. Ich habe heute 125 km gemacht, die letzten 30 allerdings wider Willen!
Aber der Reihe nach: Ich stelle mir immer um
7 Uhr den Wecker, damit ich um spätestens 8.30 Uhr auf der Straße bin. Es dauert doch morgens immer etwas, bis der ganze Kram wieder radtauglich verstaut ist.
Die ersten 65 km bin ich durch herrliche Landschaft gekommen-zwar Flachland, aber wieder ein Nationalpark; Störche, Bieber, wilde Pferde und jede Menge Fischreiher gab es zu beobachten, einfach vom Rad aus. Dann, am Ausgang des Parks, wurde es landschaftlich öde, aber ich weiß jetzt wenigstens, wo unsere Strauchtomaten herkommen: man kann sich das nicht vorstellen, wenn man es nicht gesehen hat- ich bin kilometerweit nur an Tomatenfeldern vorbeigeradelt, alle hinter Stacheldraht und mit Plastikdächern versehen. Eigentlich vergeht einem dabei der Appetit, die ganze Gegend ist komplett verschandelt.
Allerdings gab es auch eine wirklich witzige Szene:
nach x Kilometern ohne jegliche Tankstelle, Bar, Café o.ä. hatte ich mal wieder kein Wasser und entsprechend Durst ( 30 Grad heute) und an einer der Massenunterkünfte für die Saisonarbeiter hat ein mitdenkender Chef einen großen Automaten für gekühlte Getränke aufstellen lassen. Da das Tor offen war, habe ich die Chance genutzt und war für 15 min. der Cola-Mann für die polnischen oder rumänischen Pflückerin, die schon Feierabend hatten und vor ihren Wohncontainern lümmelten. Kommt ein völlig verschwitzter Kerl rein, zieht sich eiskalte Cola und trinkt in einem Zug drei Büchsen nacheinander-wie in der Reklame ( nur ein wenig plüschiger um die Hüfte)- haben die gejohlt! Die angebotenen Zigaretten habe ich abgelehnt und mich dann wieder auf den Weg gemacht.
Leider ist das hier eine unvorstellbar hotellose Gegend, absolut kein Tourismus.
Ich war in einer größeren Stadt, da gab es ein Hotel am Marktplatz, und das war leider ausgebucht! Da musste ich mich notgedrungen nochmal auf den Drahtesel schmeißen und weitere 12 km fahren. Da ich echt fertig war -30 Grad- und die Landstraße deutlich länger war, bin ich über die Autobahn gefahren, zwar nur 8 km, aber angehupt bin ich oft worden. Zum Glück kamen keine Bullen, mit der Guardia Civil ist nicht gut Kirschen essen. War halt Notwehr, man kann ja auch mal ein Hotel hinstellen ( geht doch bei Monopoly auch).
Jetzt bin ich in einer Fernfahrerraststätte untergekommen und freue mich auf fettes Fleisch mit viel Bier!
Was Anderes wird's wohl kaum geben heute Abend.
Morgen hoffe ich, die portugiesische Grenze zu erreichen, 80 Km aber wieder Berge. Hasta la vista, babies
2. 05.
Heute war ein wirklich schöner Tag. Nach einem guten Frühstück bin ich um 8.30 Uhr bei herrlichem Wetter aufgebrochen und das Navi hat mich die erste Hälfte des Tages durch ein herrlichen, unberührten Nationalpark geführt. Ich war auf Traumstrassen stundenlang alleine unterwegs. Der Ausgleich kam prompt nach der Mittagspause ( 1 l eiskaltes Mineralwasser und zwei Magnum-ich sehe die beste Ehefrau von allen schon wieder mit den Augen rollen), da kam die Ebene, mit ihr die Mühen derselben und jede Menge Schwerlastverkehr, teilweise nur 1 Meter entfernt. Ich war froh, als die 45 km zu Ende waren!
Ich bin jetzt in einem Vorort von Sevilla, eigentlich wollte ich noch bis dorthin fahren, bin aber an einem so tollen Hotel vorbeigefahren, das ich spontan angehalten habe...
Ich habe heute 90 km geschafft und liege damit zum ersten Mal in etwa da, was ich mir vorgenommenen habe. Alle Anfang ist halt schwer.
Das Abendessen war hervorragend und gekrönt von einem herrlichen Sonnenuntergang, da habe ich gleich noch einen vino tinto nachbestellt !
Montag, 1. 05.
Heute habe ich es ruhig angehen lassen. Nach dem gestrigen Tag habe ich mir eine Auszeit verordnet und habe nach dem Frühstück bis zum Nachmittag exakt diesen Ausblick gehabt. Das hat wirklich gutgetan.
Nachmittags bin ich dann nach Arcos spaziert, ein altes kleines maurisches Städtchen, was vom Hotel 3 KM entfernt liegt.
Jetzt wieder lesen, mit der besten Ehefrau von allen und dem ungezogenen Kind telefonieren und dann zum Abendessen. Morgen würde ich es gerne bis Sevilla schaffen ( keine Angst, Jo-Jo, es geht fast nur bergab).
p.s.: alle Bilder und das Video gehen groß auf, wenn man raufklickt-coole Technik ,wow
Sonntag, 30. 04.
Liebe Freunde
Heute war ein echt harter Tag, an dem mir deutlich bewusst wurde, das es ein Unterschied ist, ob man 25 oder 57 ist!
Ich hatte bis heute Nachmittag keine Straßenkarte ( modern times )
sondern nur mein Fahrradnavi. Das Ding funktioniert genial, es kennt die kleinsten Straßen und sogar Waldwege ( hab's mehrfach in Glienicke ausprobiert), der Fehler ist nur, das du im Groben nicht weißt, wo du bist. Das Ding hat mich heute durch eine wunderschöne Landschaft geführt-ich habe Adler, Störche und Bergziegen gesehen-leider war es extrem bergig und zudem völlig menschenleer! Ich habe insgesamt knapp 2000 Höhenmeter absolviert, was mich mehrmals wirklich an den Rand meines (derzeitigen) Leistungsvermögens gebracht hat. Ich habe unzählige Pausen einlegen müssen und habe das Rad mit seinen 25 kg Gepäck am Nachmittag öfters kilometerweit den Berg empor geschoben, weil ich einfach nicht mehr treten konnte, die Oberschenkel waren völlig sauer.
Dazu war meine Wasserration mit 0.7 Liter viel zu knapp bemessen, da es einfach keine Bar oder ein Restaurant gab, wo ich hätte nachfüllen können, eben menschenleer. Als meine Zunge nur noch am Gaumen klebte, habe ich dann an einem Privathaus geschellt und um Wasser gebeten, was ich dankenswerterweise auch gleich bekommen habe-das war ein Fest. Wie interessant und wechselhaft doch das Leben ist: letzte Woche auf der Kreuzfahrt haben wir uns jeden Tag mehrere Gläser Champagner genehmigt und heute habe ich einen Schluck klaren Wassers weit mehr genossen-ein Hoch auf das Leben!
Nach 70 Kilometern war ich dann wirklich froh, die erste kleine Stadt zu erreichen. Die Freude schlug schnell in Frust um, nachdem mir die ersten drei Hotels erklärt haben, nur reservierten Gästen ein Zimmer zu geben, da wegen des verlängerten Wochenendes alles ausgebucht sei ( wunderbare Gegend eben).
Ok, als Mann heult man nicht, aber da war ich kurz davor-das nächste Nest ist 30 km weit weg.
Aber wie so häufig-am Ende des Tales geht es immer bergauf!
Das vierte Hotel hatte noch Zimmer frei und ist das mit Abstand schönste von allen-großer Pool in einem wunderschönen "botanischen" Garten, nette Zimmer und in der Bar mindestens 15 Sorten Gin ( nur auf den ersten Blick). Jetzt warte ich darauf, das es halb neun wird, und dann gehts zum Essen, danach vielleicht ein oder zwei Gin Tonic.
So, das war der "Action-Teil"; ich habe mir heute im Verlaufe des Tages überlegt, das ich Euch auch ab und an an meinen Gedanken teilhaben lassen möchte, sofern es den Leser interessiert, falls nicht, kannst Du einfach zum nächsten Tag überspringen.
Hintergrund ist, das ich die Tour nicht ausschließlich zum reinen Vergnügen unternehme, sondern auch als Möglichkeit sehe, nach langen Jahren beruflichen und familiären Herausforderungen meine Gedanken ' mal wieder zu sortieren und gegebenenfalls neu zu ordnen und zu justieren. Warum soll ich Dich nicht bisweilen daran teilnehmen lassen. Ich gehe einmal davon aus, das diese Seite nur Menschen verfolgen, die mir prinzipiell gewogen sind und daher also mein Entschluss, einige meiner Überlegungen mit Dir teilen zu wollen.
Heute hätte ich mir anfangs mehr als einmal mein Pedelec mit Akku als Bergauffahrhilfe gewünscht, bis ich irgendwann darüber zu räsonieren begann, das dann nur ein Teil des Erfolges am Ende mir gehören würde, da ein bestimmter Teil der Tour ja vom Elektroantrieb geleistet sein würde.
Es hat auch sein Gutes, das der Akkutransport nicht geklappt hat, so werde ich alles ( hoffentlich) "alleine " schaffen, ohne Hilfe und das ist auch irgendwie symptomatisch für mein bisheriges Leben: ich habe immer a l l e s alleine gemacht und egal, was ich gemacht habe im Leben-immer habe ich es gemacht, weil ich es so wollte und alles, was ich erreicht habe, kann ich mir zu 100 % selbst an die Fahne heften. Ob Schulabbruch, " Lotterleben ", Abendschule, Taxischein, Studium, Berufsweg, mit 51 nochmal eine komplett neue Praxis eröffnet - mir hat niemand geholfen, ich habe weder von der Familie (die letzten beiden Semester des Studiums hat mich mein Onkel allerdings dankenswerterweise mit hundert Mark im Monat unterstützt) noch von staatlichen Stellen jemals irgendwelche Zuschüsse bekommen.
Das war bisweilen hart, hat aber auch den riesengroßen Vorteil, das ich mich in der Rückschau bei niemandem bedanken muss für irgendwie geartete "Steigbügelhilfen" und zum anderen erfüllt mich nichts so mit unbändigem Stolz wie diese Rückschau!
Also ist es schon OK ohne Akku !
Samstag, 29. 04.
Am Einfachsten ist es, wenn ich zwei SMS zitiere, die ich gestern an die beste Ehefrau von allen gesendet habe:
11.58 Uhr
ich sitze schon wieder fest, draußen ist sintflutartiger Regen und ich sitze hier in einer kleinen Muchte mit acht heftig schwatzenden Phillipinos, die immer wieder völlig unmotiviert über irgendwas kichern und einem alten Spanier, der unablässig Geld in einen Daddelautomaten steckt und seit einer Stunde stoisch dabei zusieht, wie seine Kohle verschwindet, während es aufs Dach prasselt.
Echt skurril.
13.16 Uhr
...und ich sitze hier seit zwei Stunden mittendrin und versuche,
Platons " idealen Staat " zu begreifen. Da die Hälfte der Flippos irgendwo in den dichten Regen verschwunden sind, klappt das auch ganz gut, zumal der Opa mittlerweile pleite ist und das Gedudel aufgehört hat.
Das Regenradar gibt mir in einer Stunde freie Fahrt und dann kein Regen mehr in den nächsten Tagen. Ein Hoch auf die moderne Technik.
So war es dann auch, und so konnte ich ab 14.30 Uhr bei immer mehr aufklarendem Wetter die ersten knapp 50 Kilometer absolvieren.
Es hat Spaß gemacht, wieder unterwegs zu sein.
"Tramps like us, baby, we are born to run"
Bruce Springsteen - mein Meister und Begleiter seit 1979
Freitag, 28. 04.
Heute hätte es losgehen sollen - hätte!!!
Nachdem ich gestern noch am Abend am Strand bei herrlichem Sonnenuntergang Pizza gegessen habe und danach voller Tatendrang und Vorfreude ins Bett gegangen bin, musste ich nach dem Aufwachen und dem ersten Blick aus dem Fenster erst die Uhr dreimal checken; ich dachte, es wäre fünf Uhr in der Frühe, dabei war es schon kurz nach acht, aber der Himmel war völlig dunkel und daran hat sich bis zum Mittag nichts geändert. Das Bild ist von 11 Uhr. Nach kurzer Überlegung habe ich mich dann entschlossen, noch einen Tag hier in Gibraltar zu bleiben, das wäre wahrlich kein schöner Auftakt gewesen, die Tour bei strömendem Regen zu beginnen. Der Wetterbericht verspricht für morgen besseres Wetter. Na, dann wird das Wochenende eben komplett durchgeradelt. Shit happens
Donnerstag, 27.4.
Nachdem ich mir heute zu Fuß die ganze Insel bei phantastischem Wetter erlaufen habe ( 4.5 Std.) ist am Nachmittag dann endlich mein Fahrrad angekommen, leider in desolatem Zustand. Die ganze Schaltung war verbogen, das vordere Schutzblech ebenso und das Kabel für die Beleuchtung war auch abgerissen. Aber Glück im Unglück: ein netter Pole in einem kleinen Fahrradladen am Straßenrand hat mir alles super wieder in Ordnung gebracht nach seinem Feierabend, ansonsten hätte ich hier bis Dienstag festgesessen, da morgen und Montag Feiertage sind. Morgen gehts also über die spanische Grenze und dann ab in Richtung Lissabon. Hoffentlich bewahrheitet sich der Wetterbericht nicht, der morgen den ganzen Tag Regen prophezeit.
Mittwoch, 26. 04.
Liebes Tagebuch :-)
Marion hat mich heute morgen um 5 Uhr nach Tegel gebracht.
Vor dem Start musste die Maschine nochmal enteist werden (!) - noch eine Woche bis zum Wonnemonat !
Bei der Ankunft in Gibraltar war das Fahrrad nicht an Bord, das steht noch in London , soll aber morgen nachkommen. Mal schauen.
Im Hotel haben mich auf dem Balkon ersteinmal die Affen begrüßt-
cooles Empfangskomitee.
Jetzt noch ein Fischlein und ein Bierlein am Hafen und dann ab in die Heia.
Hasta la Vista, Babies
Dieses Stück höre ich seit ca. 35 Jahren, ich hätte nicht gedacht, das es nochmal eine gewisse Aktualität erlangt :-)