Tagebuch I

 

30.7. 

Heute geht es also nach vier Jahren wieder los.

Meine Tour mit dem Rad von Gibraltar nach Berlin im Sommer 2017 war für mich so unvergesslich, das ich nach Rücksprache mit der besten Ehefrau von allen entschieden habe, ein weiteres Kapitel "Ferntour mit Fahrrad" in meinen Lebenslauf einzufügen, solange noch die dafür benötigten körperlichen Kräfte vorhanden sind.

Dieses Jahr ist die Wahl auf Sizilien gefallen, am 15. Oktober ist am Nachmittag der Rückflug von Catania.

 

Der Wecker klingelte mal wieder viel zu früh, am Vorabend hatte ich mit meinem alten Fachschaftskumpel Niklas, den ich seit Ewigkeiten nicht gesehen hatte, da er seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, noch guten Rotwein vertilgt  bis um zwei Uhr.

 

Am Morgen - das Rad hatte ich schon am Vorabend beladen - ging es nach einem ausgiebigen Frühstück mit Freunden bei uns im Garten bei herrlichem Sonnenschein los. 

Mein Tagesziel war Potsdam, was ich unter Benutzung des "Berliner Mauerweges" , der im Übrigen eine echte Empfehlung von mir für eine tolle Tagestour ist, am Nachmittag erreicht habe. 
Zum Einrollen waren die 70 km völlig ok.

Nach einem Abendessen beim Thai ging es dann rasch in die Federn.

72 km.   471 Höhenmeter
 

 

1.8.

am Morgen um 9 Uhr habe ich mich am Potsdamer Bahnhof mit Bernd getroffen, meinem alten Freund seit 1986. Über Brandenburger Landstraßen ging es zu einem hübschen Hotel direkt an der Elbe. Auf der Terrasse am Fluss haben wir unter netten Gesprächen die letzten Sonnenstrahlen und den weiteren Abend sehr genossen, zumal das Essen und der Wein für Brandenburger Verhältnisse weit überdurchschnittlich waren.

 

80 km         451 Höhenmeter 

2.8.

Durch die herrliche Landschaft der menschenleeren Elbauen ging es am frühen Morgen nach der Flussüberquerung per Fähre weiter in Richtung unseres Tageszieles Leipzig.

Es gab die ersten leichten Anstiege und ein Mix aus verhältnismäßig leeren Landstraßen und schönen Fahrradwegen, teils durch dichtes Waldgebiet.

In Leipzig sind wir beim Italiener nahe dem Hotel gelandet und anschließend an der Hotelbar zum Gin Tonic - uns war mehr nach gemütlich quatschen als nach Sightseeing.

 

80 km        421 Höhenmeter 

3.8.

am Morgen bin ich nach dem Abschied von Bernd auf tollen Radwegen nach Altenburg in Thüringen gefahren. Die Stadt sieht leider immer noch sehr baufällig aus; es ist ein Jammer, das es solche Ruinenviertel mehr als dreißig Jahre nach dem Mauerfall immer noch gibt. Was für ein Unterschied zu Quedlinburg, Görlitz oder Plauen.

Am Marktplatz habe ich jedenfalls ein nettes Hotel gefunden, in dem auch die Thüringer Rostbrätl gut gemundet haben.

 

50 km           251 Höhenmeter 

4. 8.

das Wetter heute hat mich sehr an meine Tour 2017 erinnert, als ich auch oft meine Tages-Aktivitäten nach dem Regenradar auf dem Handy ausrichten musste. Ich bin durch schöne Landschaften im thüringisch-sächsischem Grenzgebiet gefahren, allerdings musste ich mehrmals einen Zwangsaufenthalt in diversen Bushaltehäuschen kleinerer Dörfer in Kauf nehmen, da es immer wieder zu regnen begann.

Jetzt bin ich in Plauen im Vogtland angekommen wo es einen Tag Zwangspause wegen Schlechtwetter ( und Popo) geben wird.

 

93 km         1180 Höhenmeter 

manchmal wird eine unerwartete Regenpause auch durch einen wahrhaft skurrilen Anblick belohnt:

eine sächsische Vollbratze in Vollendung (nur echt mit Fluppe)

 

ab und an werde ich ein Musikstück hier einpflegen - vielleicht gefällt es Dir so gut wie mir

5. 8.

Nachdem ich mich heute Vormittag hauptsächlich diesem Blog gewidmet habe bin ich am Nachmittag durch Plauen gewandert. Ein hübsches, lebendiges Städtchen.

Am Abend gab es allerdings Notizen aus der Provinz: nachdem mich ein veritabler Regenguss in die nächstbeste Pizzeria getrieben hatte und ich mir, die Speisekarte inspizierend, einen " guten und kräftigen Rotwein" bestellte, fragte mich die holde Bedienung im breiten sächsisch: "Lambrusco ?".

Später servierte sie mir den bestellten Espresso mit den Worten "hier - ihr Cappuccino. Brauchen sie Zucker ?"

Das wäre kaum einer Erwähnung wert gewesen, da es in etwa meiner Vorstellung vom durchschnittlich in sächsischen Kleinstädten üblichen Gourmetbewusstsein entspricht.

Was den Abend wirklich erwähnenswert macht war der Umstand, das der Chef in der Küche lauthals und fortwährend sein Personal dermaßen zusammenfaltete, das sich alle Gäste erstaunt bis erschreckt anblickten und ein Tisch daraufhin nach kurzer Diskussion das Lokal verließ.

Na ja, vielleicht hat der Gute vor kurzem ein Seminar der sächsischen Handwerkskammer besucht -

"Personalführung durch Dezibel",  vielleicht hat ihm auch die örtliche Cosa Nostra die wöchentliche Schutzgeldzahlung erhöht .

Die Pizza (mit Tomatensalat, beste Ehefrau von allen) und der Montepulciano haben jedenfalls geschmeckt.

Gute Nacht

Da es auch des Öfteren völlig Unbekannte sind, die interessehalber auf dieser Seite landen,  möchte ich mich kurz vorstellen:

mein Name ist Sigurd und ich bin Zahnarzt in Berlin. Alles Weitere entnimmst Du bitte einer Eintragung, die ich in meinem Blog vor vier Jahren am Strand in Portugal verfasst habe und die immer noch so aktuell ist, das ich dem damals Verfasstem  nichts wesentliches hinzuzufügen habe.

18. 05.

Heute war ein besonder schöner Tag. Ich bin nach einem ausgezeichneten Frühstück zum Strand gegangen und der war absolut menschenleer, niemand, aber auch nicht eine Menschenseele, war weder in die eine noch in die andere Richtung zu sehen, soweit man schauen konnte. Absolute phantastisch.

Die beiden Bilder sind von ca. 11 Uhr am Vormittag.

 

 

Ich habe mich dann stundenlang (keine Ahnung, wie viele) in den weichen Sand gesetzt, auf die Brandung geschaut und meinen Gedanken freien Lauf gelassen.

Wenn man in der zweiten Hälfte der Fünfziger ist und der Zeiger der grossen Lebensuhr langsam aber leider unumkehrbar auf "Herbst" vorrückt, kann man ruhig einmal eine Zwischenbilanz ziehen und genau das habe ich heute getan.

 

Woher komme ich ?

Mein Leben begann im Wedding, an diese Zeit kann ich mich nur noch bruchstückhaft erinnern.

Meine eigentliche Kindheit habe ich in Spandau verbracht, zusammen mit meinen beiden Schwestern. Unser Zuhause war ein durch und durch kleinbürgerliches Heim, als Kind hat es mir (uns) an nichts gefehlt. Das Paradies meiner Kindheit war unser Familienschrebergarten in einer Laubenkolonie an der Müllerstrasse.

Das keiner der beiden Elternteile fähig war, ein sittlich - intellektuell in sich stimmiges Weltbild aufzubauen und zu vermitteln, das man entweder übernehmen kann oder das aber zumindestens als Reibungsfläche hätte dienen können, das habe ich erst später begriffen.

 

Als dann das nicht mehr durch die elterliche Fürsorge fremdbestimmte Leben als Sechzehnjähriger begann, da hatte ich das Gefühl, als hätte mich jemand aus einem zu engen Kokon befreit.

Zukünftig wollte ich mein eigener Herr sein und meine eigenen Erfahrungen machen, ohne das mir noch jemand dreinreden sollte. Das war damals das unausgesprochene Leitmotiv meines Lebens, welches ich dann auch nach meinem endgültigen physischen Auszug mit 18 und der Rückkehr nach Berlin (die Familie lebte damals seit 3 Jahren im Rheinland) ziemlich rigoros verfolgt habe.

 

Es kamen dann die wilden Jahre, eine wahrhaft tolle Zeit - auch aus der Rückschau nach fast vierzig Jahren noch. Ich habe mich nie wieder so befreit, losgelöst, ungebunden und selbstbestimmt gefühlt, wie damals. Ich hatte nie Geld, keine anständige Wohnung, habe in diversen Jobs immer gerade soviel verdient, das es zum Leben und für die nächste Reise langte und mich insgesamt pudelwohl dabei gefühlt. Ich habe so ziemlich alles mitgenommen, was das Leben an interessanten und aufregenden Dingen und Situationen bereithält (und dieser honorige Satz beinhaltet wirklich einiges !), und wenn es etwas gibt, was ich aus dieser Zeit gelernt habe, dann das ich meine Möglichkeiten erfahren habe aber auch meine Grenzen kennengelernt habe. Eine gute Portion Menschenkenntniss sowie ein gesundes Selbstvertrauen sind dabei ebenfalls abgefallen.

 

Die zweite Phase meines Lebens begann dann mit mitte Zwanzig - als mir immer bewusster wurde, das Herumtoben, trinken, reisen und feiern zwar ganz lustig sind, das es im Leben aber doch noch etwas "Mehr" geben muss. Zunehmend ödete mich der ganze Sex, Drugs und Rock`n Roll - Circus mit den sich immer wiederholenden Abläufen (mittags mit benebelter Birne neben irgendwem aufwachen, wieder keine Kohle in der Tasche, wieder mit irgendwelchen Leuten sinnloses Weltverbeserungsgequatsche in immer gleich anmutenden Kneipen geführt, etc.) an.

Es wurde langsam Zeit, einen anständigen Beruf zu erlernen, die Fernfahrerei war auch nicht annähernd so spannend, wie in den Trucker-Filmen gezeigt.

Was sollte ich jetzt also tun?

Feuerwehr wäre etwas gewesen, aber dafür brauchte man eine abgeschlossene Lehre, ich hatte aber nur eine kurz vor dem Abi abgebrochene Schullaufbahn zu bieten. Was sonst? Mein Onkel war damals Staatsanwalt und nachdem ich mit ihm gemeinsam einige seiner Prozesse erlebte habe, dachte ich, das könne etwas sein. Ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl hatte ich damals schon.

 

Zum Studium waren nur zwei Dinge nötig: das Abi und ein fester Job zum Geldverdienen

Also zuerst den Taxischein gemacht (in der Rückschau das schwierigere Unterfangen) und dann auf der Abendschule das Abi nachgeholt (in einem statt in zwei Jahren-wenn schon, denn schon).

Da stand ich dann also im Sommer 1987 mit stolzgeschwellter Brust und meinem nicht so schlechten Abiturzeugnis und trabte zur Studienberatung, aber dort wurde mir die Luft sehr rasch wieder abgelassen. "Na klar",  hieß es da, "können Sie Jura studieren, aber bis Sie fertig sind, ist die Zeit für eine Verbeamtung abgelaufen, das geht nur bis zum dreißigsten Lebensjahr".

Super, ich wollte aber gerne Staatsanwalt oder Richter werden und kein Winkeladvokat, der versucht, für zwielichtige Gestalten eine möglichst geringe Strafe herauszuholen. Also kein Jurastudium.

 

Da das Taxifahren einen damals in Berlin gut ernährt hat, habe ich wieder ein bisschen das Leben zusammen mit meiner ersten Frau genossen. Viele Reisen, viele Ausflüge ins Berliner Nacht- und Kulturleben, aber alles weitaus gesitteter als Jahre zuvor.

 

Die Dinge bekamen eine neue Wendung, als meine Frau eines Sonntags Zahnschmerzen bekam und ich sie mit der Taxe, die ja immer vor der Tür stand, nach Britz zum Notzahnarzt fuhr. Während sie drinnen behandelt wurde, saß ich draussen vor dem Haus und plötzlich kam mir schlagartig die Idee, das das doch auch etwas für mich sein könnte. Also bin ich gleich am darauffolgenden Montag zur Uni und habe mich über das Berufsbild und insbesondere über den Weg dorthin aufklären lassen. Damals musste man noch für alle medizinischen Studiengänge einen "medizinischen Eignungstest" machen, der wurde nur einmal im Jahr bundesweit an einem Tag abgenommen, die Prüfung dauerte einen ganzen Tag (!).

Da. musste die damals lange geplante Weltreise leider verkürzt werden, ein halbes Jahr ist dann doch daraus geworden.

 

Den Vorbereitungslehrgang und dann den Test selbst im Dezember 1988 habe ich mit Erfolg abgelegt (Prozentrang 2,7, d.h. von den ca. 26.000 Getesteten waren 2.6% besser, 97.3% schlechter als ich).

Damit brauchte ich keine Wartesemester, sondern konnte sofort loslegen. Das Studium habe ich in der Regelstudienzeit mit guten Noten abgeschlossen und war anschliessend um viele gute Freunde reicher aber auch um eine Ehefrau ärmer.

Viel Freude hat mir auch mein Engagement in diversen Studentenvertretungen gebracht, was darin gipfelte, das ich für viereinhalb Jahre in  der Dachorganisation der Zahnmedizinstudenten als Bundesvorsitzender tätig sein konnte. Unvergessen sind mir neben den schon zahlreichen "heimischen" Studentenpartys die nationalen und die weltweiten Treffen der Studenten, die natürlich immer von gewissen Feierlichkeiten begleitet wurden.

 

Nach fünf Jahren als Assistenzarzt an der Charité` war mir völlig klar, das eine einstmals angedachte Unikarriere für mich nicht in Frage kommen würde, das hätte wieder ein zu enges Korsett bedeutet.

Also habe ich eine mir damals sehr sympathische Kollegin angesprochen und die nahm die Idee der angebotenen beruflichen Zusammenarbeit mit Freude auf. Daran schlossen sich achteinhalb gemeinsame Jahre beruflicher Selbstständigkeit an, im Verlaufe derer wir es zu drei Zahnarztpraxen und einem zahntechnischen Labor mit über dreissig Angestellten gebracht haben.

Nach fast 9 Jahren war dann der Vorrat an Gemeinsamkeit aufgebraucht und ich war nicht unglücklich, ein zunehmend unübersichtlicher werdendes Gebilde auflösen zu können und gemeinsam mit Marion als Managerin erst die eine Praxis weiterzuführen und dann, mit 51 Jahren und unter Anspannung aller physischen und finanziellen Ressourcen, die nunmehrige Praxis in Mitte zu eröffnen.

Das dann 2013 noch die Übernahme der Praxis der JVA Tegel dazukam war zwar nicht langfristig geplant worden, hat aber mein berufliches Leben noch einmal mit einem ganz anderen Wirkungskreis versehen.

 

Der dritte Teil meines Lebens setzt genau am 03.08.2003 ein. Seit diesem Tage bin ich mit dem besten Menschen zusammen, den ich mir vorstellen kann. Seitdem Marion in mein Leben eingetreten ist, bin ich "angekommen". Ein innerlich erfüllteres und schöneres Leben als mit ihr kann ich mir nicht vorstellen. Ich glaube, ich habe die Bedeutung der Theorie verstanden, das es in jedem Leben genau den einen Menschen gibt, mit dem man es teilen möchte.

Die wahrlich beste Ehefrau von allen. Jeden neuen Tag wieder.

Am 29. 02. 2008 ist Nadeshda geboren worden. Ein unvergessliches weil unvergleichliches Erlebniss. Ich hätte vorher nie geglaubt, wie ein eigenes Kind den inneren Kompass verändern kann. Ich bin jetzt jedenfalls ein glücklicher Familienmensch und freue mich sehr daran, mitzuerleben, was sich langsam aus diesem ehemals so kleinen Menschen zu entfalten beginnt und bin gewillt, ihr dabei immer ein verlässlicher Begleiter und Ratgeber zu bleiben. 

 

Mein Resümee also nach fast 58 Lebensjahren: absolute Zufriedenheit und ein tiefes Glücksempfinden, das es das Schicksal so gut mit mir gemeint hat bisher: ich war immer gesund und bis vor einem Jahr völlig ohne Schmerzen (keine OP, nie ein Tag im Krankenhaus), ich lebe am Rande einer der tollsten Städte die ich kenne, ich habe eine Bleibe, die ich mein Eigen nennen kann, habe einiges von der Welt gesehen, habe oft gutes Essen und hervorragende Weine geniessen können und habe insbesondere Eines, das für mich immer wieder eines der grössten Geschenke meines Lebens ist -  meine Freunde

Ich habe die Aussage, Blut sei dicker als Wasser, schon immer für unbegründet gehalten. 

Dazu habe ich als Freund oder in meiner Eigenschaft als mehrmals heiß gehandelter Kandidat für den Posten des Lieblingsschwiegersohnes zu oft Einblick in diverse Familien gehabt und das war doch ein meistens bedrückendes Resultat. Natürlich ist eine intakte Familie etwas richtig Schönes und es gibt sie glücklicherweise auch und es hat mir immer Freude breitet, z.B.  in der Familie meines Onkel's Harald oder meiner Freundin Michi daran teilhaben zu dürfen - nur sind das leider eher Ausnahmen.

Freunde sind Menschen, die fühlen sich nicht gezwungen, Zeit, Gedanken, Freude und Leid miteinander zu teilen, sondern die MÖCHTEN das, und das ist ein grosser Unterschied.

Wir feiern Weihnachten beispielsweise seit Jahren gemeinsam mit Michi und Marco und deren Eltern, Heiligabend sind wir bei Michi und Marco und am zweiten Weihnachtsfeiertag kommen alle zu uns zum Gänsebraten.

Das sind immer so schöne harmonische Tage, auf die ich mich jedes Jahr wieder freue, das war damals zu Hause nicht immer so.

Ich bin jedenfalls sehr glücklich, das ich Menschen zu meinen Freunden zählen kann, die mir sehr nahestehen und ohne deren Anwesenheit meine Welt um vieles ärmer wäre.

Freunde, die die Intelligenz haben, das wir manche Nacht zusammengesessen haben und uns über so Vieles den Kopf zerbrochen und die Herzen heißgeredet haben.

Freunde, die soviel Einfühlungsvermögen mitbringen, das ich mich ihnen anvertraut habe und das jederzeit wieder machen würde und werde.

Freunde, die über den Humor verfügen, über mich, über sich und über fast alles in der Welt herzhaft lachen zu können und sich mit mir über die kleinen Fallstricke des Lebens bombig amüsieren können.

Alte Freunde und Bekannte -oft über Jahrzehnte, aber glücklicherweise kommen auch immer mal wieder Neue hinzu.

 

Welch´ schönere und erfüllendere Bilanz kann man nach drei Stunden am Strand ziehen ?

6. 8.

Das Regenwetter bleibt mir treu. Das hätte von der Strecke gesehen ein wunderschöner Tag werden können, wenn ich nicht alle paar Minuten mit Bangen die dunklen Wolken am Himmel hätte verfolgen müssen, immer in der Erwartungen, das sich die Schleusen über mir öffnen. Die Fahrt zuerst durch Sachsen, dann durch Tschechien und später durch Bayern haben mich über völlig leere Straßen geführt mit ein paar ganz anständigen Anstiegen, so das ich heute gut für die kommenden Alpenetappen trainieren konnte.

Zweimal bin ich dann doch etwas nass geworden, bevor ein rettender Unterstand in Sicht kam.

Am Ende war ich froh, mein lauschiges Hotel - ein altes Schloss mitten in der Pampa - erreicht zu haben und habe mir auf der Terrasse auf dem Schlossteich das wohlverdiente Bier schmecken lassen.

Ein Wort noch zur Routenführung: mein Navi hat mich nicht mal mehr vorgewarnt, das ein Teil der Tour über tschechisches Gebiet führen würde. Ich war völlig überrascht, plötzlich an der Grenze zu stehen.

Wo aber vor etwas mehr als dreißig Jahren die Passage wegen Stacheldraht, bewaffneten Grenzposten und Panzersperren undenkbar gewesen wäre, stand im Jahr 2021 nicht mal mehr ein Grenzposten dort, weder auf deutscher noch auf tschechischer Seite, und das bei Ein- und Ausreise.

Für jemanden des Jahrgangs 1960 immer noch ein bemerkenswerter Umstand. 
Dafür muss man die EU einfach mögen !

 

98 km                1200 Höhenmeter 

7. 8.

Ich bin heute früh bei herrlichem Sonnenschein aufgewacht und war nach einem guten Frühstück sehr zeitig unterwegs.

Da die Strecke gestern mit fast 100 km Länge bei 1200 Höhenmetern das Hinterteil und die mittlerweile im 62. Betriebsjahr befindlichen Beinchen doch nachhaltig beeindruckt hat, habe ich mir heute reines Genussradeln auf die Fahne geschrieben und Wetter und Wege waren dazu angetan, es auch in die Tat umsetzen zu können.

Genau so müssten alle Tage sein, dann käme ich von Rad nur noch runter um auf's Motorrad zu steigen.

 

69 km           700 Höhenmeter 

30 Jahre später.....

8. 8. 

Ich bin heute sehr früh aufgestanden, da im Hotel eine Hochzeit war und ich vor der ganzen schnatternden Schar in Ruhe  frühstücken wollte. Dann bin ich bei prima Sommerwetter über tolle Radwege und kleine Landstraßen nach Neumarkt in der Oberpfalz gefahren. Hier kreuzt sich meine Tour mit der von 2017, den hier habe ich Bernd damals nach dem Genuss eines dicken Eisbechers gen Berlin verabschiedet. Auch 2017 hatten wir einige Tage gemeinsam per Rad verbracht.

Ich bin jetzt in einem Hotel untergebracht, dessen Name "Schönblick" nicht übertrieben ist. 
Da sie hier auch eine (geöffnete!) Sauna habe bleibe ich einen weiteren Tag, zudem mir Marco das örtliche Bier hier ans Herz gelegt hat. Mit seinen Eltern Ulli und Eva werde ich mich heute zum Abendessen hier treffen, die beiden wohnen um die Ecke.

 

69 km                 1300 Höhenmeter 

Warum muss ich hier gerade an die beste Ehefrau von allen denken ???

Das ist der Blick von der Terrasse meines Hotelzimmers 

ein schönes Abendessen gemeinsam mit Eva und Ulli

aus Nürnberg.

Man sieht sich viel zu selten !

Heute Waschtag, damit Mutti stolz ist und der nächste Angestellte an der Hotelrezeption mich als Freund aufnimmt

9. 8.

Heute war Ruhetag. Ich habe nach dem Frühstück mit Jürgen telefoniert, der mir eröffnete, das er gemeinsam mit Rosie am Abend des 17. in Brixen in Südtirol sein wird. Da sich unsere Touren dort schneiden, habe ich dann während des Vormittags begonnen, meine weitere Fahrt bis dorthin generalstabsmäßig zu planen. Beachtet werden mussten dabei die Länge der Strecke, die Höhenmeter, die Reichweite der Akkus und die in der Hochsaison jeweils freien Zimmer in Hotels.

Dank der modernen Helferlein wie elektronischer Straßenkarten oder Booking.com war alles nach 2,5 Stunden erledigt. Jetzt bereitet mir nur der Umstand ein wenig Unbehagen, das jetzt weder Panne, Unfall oder Unwohlsein dazwischen kommen dürfen. Aber als alter Optimist bin ich zuversichtlich, das das Treffen wie geplant stattfinden wird. 
Bei der Gelegenheit habe ich auch meine weitere Route näher geplant; ich werde nach dem Treffen in Bressanone nach Osten abbiegen und die Dolomiten umrunden, für mich der schönste Teil der Alpen.  Der Weg wird mich dann über Cortina d´Ampezzo führen, da war ich seit 1993 nicht mehr, als ich mit JoJo Bergsteigen in der Brenta- Gruppe war. Danach wird mich mein Weg über Padua und Bologna in die Toskana führen.

Ich war jetzt für drei Stunden in der Sauna uns warte nun auf das Abendessen.

Ciao und bis morgen 

10. 8. 

Heute war lockeres Radln angesagt, 75 km mit mäßigen Steigungen. Schöne Strecken, viel im Altmühltal oder am Rhein - Main - Donau - Kanal.

Auf diesem habe ich übrigens während meiner ca. 20 km langen Strecke an seinem Ufer kein einziges Schiff gesehen, nicht mal einen Angelkahn. Ich kann mich noch gut an die Diskussionen anfangs der 80er Jahre erinnern, als von den Gegnern genau das prognostiziert wurde; die CSU ließ es sich jedoch nicht nehmen, große Teile des herrlichen Altmühltals zu verschandeln. Die hatten schon immer raffgierige und korrupte Figuren aufzubieten, auch damals gabˋs schon Andi Scheuerˋs !

Es ist jetzt 13.30 Uhr und ich sitze schon im Hotel in Ingolstadt und werde nach einem kleinen Mittagschläfchen in die Altstadt gehen, mein Hotel liegt direkt im Zentrum.
 

75 km           800 Höhenmeter 

 

Da ist das "Meister"werk, ein steingewordenes  Bild politischer Ideotie

Was man in ländlichen Gegegenden abseits der größeren Straßen auch nie verabsäumen sollte ist, das man das Gebüsch am Straßenrand gut im Auge behält.

11. 8. 

Heute war wieder ein prima Tag, aber auch einigermaßen anstrengend.

Ich habe heute 115 km gemacht und bin nun in einem Vorort westlich von München gelandet, wo ich gerade wirklich hervorragend zu Abend gegessen habe. Lachs mit Weinbergspfirsichen, das hört sich abenteuerlich an, schmeckt aber wirklich überzeugend.

Morgen geht es nach Lenggries ins Voralpengebiet und danach steht dann die Alpenüberquerung an, da drückt mir bitte alle mal kräftig die Daumen. Ich bin ja sehr gespannt, ob das Abenteuer mit 61 noch ohne größere Blessuren abgehen wird. 
Ich werde Euch wie gewohnt daran teilhaben lassen.

Als Fazit des heutigen Tages insbesondere, aber auch der vergangenen zehn Tage auf der Landstraße füge ich wieder ein Zitat meiner 2017er Tour ein.

Bis morgen, Folks.

"Super!!!

Was ich besonders schön finde, ist das Gefühl, das unter all' der in den Jahren angesammelten Rotwein- und Champagnerschlacke noch der Kern glüht und man muss ihn nur wieder anheizen, um ihn zum Brennen zu bringen.

Cooles Gefühl, sag' ich Euch!"

 

115 km           650 Höhenmeter 

 

 

12. 8.

Heute war wieder prima Wetter, allerdings musste ich nach dem Start heute morgen ersteinmal 15 km Stadtverkehr quer durch München absolvieren, bevor es dann lange Zeit auf wunderbar zu fahrenden Wege das Isartal hinaufging.

Als ich dann abbog und einen Wald durchquert habe sah ich bei der Ausfahrt plötzlich die Berge vor mir liegen. Da stieg dann zum ersten Mal der Puls, denn die Alpen sehen noch um einiges majestätischer aus, wenn man mit dem Rad auf sie zufährt.

Ich hab´ dann noch ein paar nette kleine Steigungen sozusagen als Appetithäppchen absolviert und bin jetzt in einem schicken Hotel in Lenggries. Morgen geht es dann richtig los, da wartet zur Einstimmung der Achenpass auf mich.

Dahinter beginnt Österreich, so das das heute mein letzter Fahrtag in Deutschland war. Ich habe in zehn reinen Fahrtagen die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Bayern gequert, ein netter Potpourri auf fast 1000 km ( mit morgen). Insgesamt kann man in Deutschland gut mit dem Rad reisen, es gibt viele gut ausgeschilderte Radwege abseits der großen Landstraßen, oftmals mitten durch die Natur. Ich kann jedem empfehlen, hier mal eine Radtour zu unternehmen, es ist schön, das Land einmal aus einer anderen, wesentlich entschleunigteren Perspektive wahrzunehmen.

 

90 km                   750 Höhenmeter 

13. 8.

Nach dem obligatorischen Regenguss konnte ich starten. Direkt nach dem Ortsausgang stieg die Straße hübsch an, allerdings hielt sich die Steigung auf einem gut erträglichen Maß, so das der Aufstieg zum Achensee weniger anstrengend war als von mir befürchtet. Ich war jedenfalls positiv überrascht, als ich plötzlich das herrlich blaue Wasser des Sees zwischen den Bäumen hindurchschimmern sah. Ich habe dann den See umrundet und konnte die ganze Stunde bei nur geringer Steigung das wunderschöne Panorama dieses Bergsees genießen.

Es folgte dann eine steile Abfahrt hinunter ins Inntal, wobei ich das Pech hatte, hinter einem

Belgier (!) herfahren zu müssen. Diese Schnarchnase hat mich meinen Geschwindigkeitsrekord gekostet, der jetzt weiterhin bei 72,4 km/h liegen bleibt. 

Abendessen gab es dann  in Ermangelung eines anständigen österreichischen Wirtshauses in einer türkischen Kebab-Bude ( Curry 36 war nicht zu finden).

 

55 KM            1350 Höhenmeter 

14. 8. 

Heute war ich nach dem Frühstück beim Friseur und bin danach als genussradelnder Fahradpapi mit Sonne im Herzen das Inntal bis nach Innsbruck getrullert.

 
50 km          570  Höhenmeter 

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© Sigurd Pohl